Gewerkschaftschefin Doro Moritz fordert von Land und Kommunen mehr Investitionen für die Frühförderung. Foto: dpa

GEW-Chefin Moritz will von Land und Kommunen mehr Investitionen in Frühförderung.

Stuttgart - Land und Kommunen müssen mehr in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen investieren, fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Der Streit zwischen Land und Kommunen um die Finanzierung schade den Kindern.

An Erkenntnis mangelt es nicht: "Die Grundlagen für den weiteren Bildungserfolg werden in den ersten Lebensjahren gelegt", heißt es in den Koalitionsvereinbarungen, die Grüne und SPD vor fast einem halben Jahr getroffen haben. Deshalb habe die frühkindliche Bildung und eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung für die Landesregierung "hohe Priorität".

Davon ist nach Ansicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) bisher wenig zu merken. Landeschefin Doro Moritz kritisierte die Pläne von Finanzminister Nils Schmid (SPD), den Rückgang der Schülerzahlen für Einsparungen bei den Lehrerstellen zu nutzen. "Die Enttäuschung, dass ein SPD-geführtes Ministerium so vorgeht, ist groß", sagte Moritz. Es gebe keine besseren Investitionen als in die Bildung. Sie forderte die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände auf, sich nicht länger gegenseitig die Verantwortung für die Kleinkinderbetreuung und die Umsetzung des Orientierungsplans in Kindergärten zuzuschieben.

Betreuungsplätze für 34 Prozent der unter Dreijährigen

Vom 1. August 2013 an haben Kinder unter drei Jahren einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung - so hat es die Bundesregierung beschlossen. Die Landesregierung will bis Ende 2013 Betreuungsplätze für 34 Prozent der Kinder unter drei Jahren schaffen. Derzeit gibt es lediglich Plätze für 18,3 Prozent der Kleinen. Zu den 50.600 Plätzen müssten deshalb weitere 41300 kommen.

Im Endausbau beteiligt sich das Land mit 175 Millionen Euro, der Bund mit 99 Millionen Euro pro Jahr. "Die Kommunen müssten noch 500 Millionen Euro jährlich drauflegen", sagte Moritz. Angesichts der Finanzschwäche vieler Kommunen könne der geplante Ausbau nur erreicht werden, wenn das Land mehr investiere und vor allem ärmere Kommunen unterstütze. Gerade für Kinder aus benachteiligten Familien seien die Kinderkrippen wichtig.

Um die Kleinkinderbetreuung zu finanzieren, hat die grün-rote Koalition die Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozent erhöht. Davon erwartet die Landesregierung zusätzliche Einnahmen in Höhe von 370 Millionen Euro pro Jahr. Doch fließe nicht die gesamte Summe in den Ausbau, kritisierte Moritz. 15 Millionen Euro seien für Schulsozialarbeit vorgesehen, 30 Millionen Euro für das Mittagessen in Ganztagsschulen.

Forderung: Mehr und gut ausgebildetes Personal

 Forderung: Mehr und gut ausgebildetes Personal

Doch auch die Kommunen müssten sich stärker in die Pflicht nehmen lassen, sagte Moritz. Die Umsetzung des Orientierungsplans in den Kindergärten sei ihre Aufgabe - dass das Land sich dennoch daran beteilige, sei erfreulich. 2005 hatte die damalige CDU-FDP-Koalition einen Orientierungsplan für Bildung und Erziehung in den Kindergärten beschlossen, um die Qualität in den Einrichtungen zu verbessern. Ab 2009 sollte er für alle verbindlich sein.

Das scheiterte allerdings, weil die Kommunen die Landeszuschüsse für zu gering befanden. Wenn das Land den Kindergärten neue Aufgaben übertrage, müsse es auch dafür bezahlen, argumentierten sie. Moritz widersprach ihnen gestern: "Qualitätssteigerungen vorzunehmen kann nicht als neue Aufgabe der Träger dargestellt werden." Deshalb dürften sie sich nicht gegen "die unbestritten notwendige qualitative Weiterentwicklung" sperren, sondern müssten dafür sorgen, dass die Einrichtungen mehr und gut ausgebildetes Personal bekämen.

GEW: Bezahlung verbessern

Das dürfte in den nächsten Jahren allerdings schwierig werden. Zwar haben die Fachschulen zusätzliche Ausbildungsplätze für Erzieherinnen geschaffen, diese würden aber nur zum Teil in Anspruch genommen, sagte Moritz. "Wenn der Beruf attraktiver werden soll - auch für Männer -, muss sich die Bezahlung deutlich verbessern", so Moritz.

Die GEW-Chefin sprach sich auch dafür aus, Modellversuche wie schulreifes Kind, Bildungshäuser oder das Programm "Singen, Bewegen, Sprechen" einzustellen und die dafür benötigten 900 Lehrerstellen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zur Verfügung zu stellen, etwa für Sonder- und Heilpädagogen, die sich um Kinder mit Förderbedarf kümmern.

Den Kindern in Baden-Württemberg die beste Bildung zu bieten sei offenbar kein Ziel der grün-roten Landesregierung, sagte CDU-Landeschef Thomas Strobl. "Jetzt Lehrerstellen zu streichen, nur weil die Schülerzahlen sinken, schadet den Schülern, schadet den Lehrern und Eltern - und schadet ganz Baden-Württemberg."