Eine ähnliche Trostfrau war für Freiburg gedacht – und bleibt nun in Seoul: Geschenk dankend abgelehnt. Foto: Reuters

Kaum ist eine Liaison mit dem koreanischen Suwon besiegelt, gerät Freiburg auf diplomatisches Parkett. Ein anderer Partner droht mit Abbruch der Beziehungen.

Freiburg - Wie schnell man mit Städtepartnerschaften auf eisglattes diplomatisches Parkett geraten kann, hat die Stadt Freiburg jetzt erlebt. Ein angekündigtes Geschenk der südkoreanischen Metropole Suwon hat die gleichfalls mit Freiburg verschwisterte japanische Stadt Matsuyama dazu bewogen, unverhohlen das Ende der Partnerschaft anzudrohen. Der Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon (Grüne) hat daraufhin die Annahme des Geschenks abgelehnt. Dass er die Gabe aus Südkorea nicht rechtzeitig als potenziellen diplomatischen Stolperstein erkannte, macht sich Salomon nun selbst zum Vorwurf. „Wir hatten keinerlei Argwohn“, sagte der Rathauschef dieser Zeitung. „Hätten wir welchen gehabt, wäre das anders gelaufen.“

Der Zweite Weltkrieg wirkt nach

Der Bürgermeister von Suwon, Yeom Tae Young, wollte die erst im März 2016 besiegelte Städtepartnerschaft mit einer Bronzeplastik besiegeln, die eine sogenannte „Trostfrau“ darstellt. Dies ist die verharmlosende Bezeichnung für Frauen und Mädchen, die im Zweiten Weltkrieg in Asien zur Zwangsprostitution für japanische Soldaten gefangen und missbraucht wurden. „Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass die größte Betroffenengruppe mit 200 000 Zwangsprostituierten aus Korea kommt“ – so steht es in einem Antrag „Anerkennung und Wiedergutmachung des Leids der ‚Trostfrauen’“ an den Bundestag vom 29. Februar 2012, den unter anderem der Freiburger SPD-Abgeordnete Gernot Erler federführend mit eingebracht hat. Ohne Erfolg, die schwarz-gelbe Mehrheit lehnte das Ansinnen damals ab.

Japanische Kriegsverbrechen sind in Japan bis heute schwierige Themen. „Ich habe geglaubt, man sei weiter“, räumt Salomon ein. Bestärkt worden ist er durch das Abkommen zwischen Japan und Südkorea vom 28. Dezember 2015. Damit verbunden war eine erneute Entschuldigung Japans und eine Entschädigungssumme von acht Millionen Euro. Vielen Japanern ging das zu weit, vielen Südkoreanern war es zu wenig. „Wir hatten nicht vor, Japan an den Pranger zu stellen“, erklärt Salomon. „Jedes Land muss selbst lernen, mit den dunklen Kapiteln seiner Vergangenheit umzugehen.“ Salomon wertete die angebotene Statue – eine Frauenfigur auf einem Stuhl und ein leerer Stuhl daneben – als ein allgemein zu verstehendes Mahnmal gegen sexuelle Gewalt und Erniedrigung, wie sie auch von Soldaten der deutschen Wehrmacht oder heute vom sogenannten Islamischen Staat ausgeübt wurde und wird.

Deutsch-japanische Beziehungen gefährdet?

Doch als die Mitteilung von dem Präsent in Südkorea bekannt gemacht wurde, geriet die japanische Diplomatie heftig in Wallung. Der deutsche Generalkonsul reiste nach Freiburg und warnte den Ersten Bürgermeister Otto Neideck (CDU) vor einer Beschädigung der deutsch-japanischen Beziehungen. Matsuyama drohte mit dem Abbruch der fast 30-jährigen Partnerschaft. Der Freiburger Oberbürgermeister brachte – schwer in der Zwickmühle – nach vielen Telefonaten letztendlich den südkoreanischen Partner dazu, sein Geschenkangebot zurückzuziehen, und die Japaner akzeptierten eine Entschuldigung.

Vorwürfe macht dem Rathauschef niemand. „Man hätte das natürlich vorher besser recherchieren müssen“, meinte der SPD-Stadtrat Walter Krögner. Andererseits sei das Vorgehen des Bürgermeisters von Suwon schon „ein bißchen tricky“ gewesen. Ihm habe bewusst sein müssen, dass es sich um ein „vergiftetes Geschenk“ handelte, denn der ehemalige Anwalt von Menschenrechtsgruppen sei genau im Bilde, dass es eine Kampagne gibt, die das Thema Zwangsprostitution auch nach dem Abkommen zwischen Japan und Südkorea vom Dezember 2015 weltweit auf die Tagesordnung setzt und mit den Mahnmalen Druck auf Japan ausüben möchte. Alle anderen Statuen, die meisten davon in den USA, stehen auf privatem Grund, Freiburg hätte die erste auf kommunalem Boden bekommen, auch die erste in Europa überhaupt. Dafür wollte sich der Freiburger OB nicht einspannen lassen, obwohl er nach wie vor der Meinung ist, dass es richtig sei, Tabus zu thematisieren. „Ich wollte eigentlich nicht nachgeben“, bekennt Salomon, „aber ich konnte die Partnerschaft mit Matsuyama nicht gefährden.“ Der Bürgermeister von Suwon habe das akzeptiert.

Klar ist für Salomon derweil allerdings auch: „Wir werden aber das Thema ‚Trostfrauen’ im Dialog mit Menschenrechtsgruppen aufgreifen.“ Eben ohne Statue.