Anpacken, was möglich ist – am besten aber mit der entsprechenden Schutzausrüstung: Die Frauen-Infotage wollen Frauen dazu in jeder Hinsicht Mut machen. Foto: imago/Westend61

Weg mit überkommenen Rollenmodellen, Augen auf für ein größeres Karrierespektrum, eine besseren Altersabsicherung und mehr Selbstbewusstsein: Zwei Wochen lang bringen die Frauen-Infotage im Landkreis diese Themen aufs Tapet.

Warum wählen Frauen oft kaufmännische Berufe, obwohl das Spektrum so viel größer ist? Warum trauen sie sich oft weniger zu, als sie können? Warum gehen sie blauäugig in ihre Lebensplanung und stehen im ungünstigsten Fall nach einer Trennung arm und mit miserablen Aussichten auf eine Altersversorgung da? Zwei Wochen lang geht es von Anfang Mai an um solche Themen – bei den Frauen-Infotagen. Sie werden in Vorträgen, Workshops, Ausstellungen, Beratungen und bei einem Markt der Möglichkeiten aufgegriffen, der am 3. Mai in der Marbacher Stadthalle Schillerhöhe stattfindet. Eingeladen sind alle, die sich Inspiration, Orientierung und konkrete Tipps holen wollen – bei vielen der Angebote auch Männer, sagt Cynthia Schönau, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Ludwigsburg, „denn die könnten es ja auch interessant finden, was Frauen bewegt“.

Schönau gehört zu einem Trio, das die Veranstaltungsreihe federführend auf die Beine stellt, weil es ihm ein Anliegen ist, dass Frauen nicht unter ihren Möglichkeiten durchs Leben gehen. Zum Organisations-Team zählen außerdem Karin Lindenberger, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit in Ludwigsburg, und Daniela König, Leiterin des Regionalbüros für berufliche Fortbildung Ludwigsburg, Rems-Murr-Kreis und Stuttgart.

Immer noch stark unterrepräsentiert

Dass sie mehr als 60 Angebote – in Präsenz und online – zusammenbekommen haben und dass die Frauen-Infotage, die einst mit einer eintägigen Veranstaltung begannen, mittlerweile einen Zeitraum von zwei Wochen füllen, macht Schönau, König und Lindenberger zufrieden. Das Spektrum aus Bildung und Wirtschaft sei groß, berichten die drei, und es gebe sogar Unternehmen, die für die Frauen-Infotage selbst Referenten gebucht und bezahlt hätten. Eine Win-Win-Situation, denn Firmen könnten auf diese Weise auch Sichtbarkeit erlangen – was in Zeiten des Fachkräftemangels nicht unerheblich sei.

Besonders die so genannten Mint-Berufe, also Berufsfelder im Spektrum Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, stehen bei den Frauen-Infotagen im Fokus. Denn Frauen sind in diesen Berufen immer noch stark unterrepräsentiert, dabei gibt es beispielsweise im Hinblick auf den Klimawandel und die Digitalisierung viele neue berufliche Möglichkeiten für sie. „Da liegt noch viel Potenzial brach“, sagt Cynthia Schönau, „dabei haben Frauen meistens die besseren Notendurchschnitte und Abschlüsse.“ Doch trauten sie sich oft weniger zu als Männer – auch, wenn es um Führungspositionen gehe. „Männer sagen, ich kann das. Frauen fragen sich, ob sie es sich zutrauen können, und meinen oft, sie müssten es 150-prozentig gut machen“, so beschreibt Karin Lindenberger ihre Erfahrungen. „Das erlebe ich leider immer wieder.“ Daniela König erinnert sich, dass noch vor wenigen Jahren Frauen bei Bewerbungen in den Anschreiben ihre Professionalität hervorhoben: „Das war eklatant und schockierend“, sagt sie. Mittlerweile habe sich das aber glücklicherweise gebessert.

Locker und motivierend

Es geht bei den Frauen-Infotagen aber nicht nur um Fragen rund um den Beruf, sondern um alle Belange von Frauen. Etwa bei einem Abend mit der Finanzplanerin Astrid Frey, die sich mit dem Fakt befasst, dass fast jede zweite Ehe geschieden wird, und mit der daraus resultierenden Frage, wovon Frauen dann leben sollen. Sie begegne immer wieder älteren Frauen in Scheidungssituationen, erzählt Karin Lindenberger, „die sich auf das Versorgermodell verlassen haben und vor den Trümmern ihres Lebensmodells stehen.“ Das müsse endlich raus aus den Köpfen, Frauen müssten sich zeitig selbstverantwortlich um gute Altersabsicherungsmodelle kümmern.

„Wir wollen mit unserem Programm auch solche dunklen Flecken thematisieren, auf die man sonst nicht so schaut“, sagt Daniela König. Ganz grundsätzlich gehe es in den zwei Wochen darum, Frauen zu empowern. Deshalb gibt es auch Angebote wie einen Talentparcours, bei dem Stärken, Werte und Interessen in den Blick genommen werden, oder ein Online-Meeting, in dem Berufe der Zukunft und die dafür notwendigen Voraussetzungen vorgestellt werden. Dazu gesellen sich Workshops wie „Mama-Makeup“, „Trommeln als Kraftquelle“, Lachyoga oder Krav-Maga-Selbstverteidigung.

Ob die Organisatorinnen einen Favoriten haben? „Das ist sehr schwer zu sagen“, meint Daniela König. „Aber mein persönliches Highlight ist der Vortrag ,Frauen gesucht als Professorin, Ingenieurin, Weltretterin’ von Martina Klärle, der Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.“ Klärle zeige so locker und motivierend, was Frauen schaffen könnten: „Ich bin wirklich happy, dass wir sie gewinnen konnten“, bekennt die Leiterin des Fortbildungs-Regionalbüros.

Programm
Das komplette Programm der Frauen-Infotage, die vom 2. bis zum 12. Mai stattfinden, gibt es auf der Website des Landratsamtes auf der Unterseite der Gleichstellungsbeauftragten

Frauen-Infotage
 Das komplette Programm der Frauen-Infotage, die vom 2. Mai bis zum 12. Mai stattfinden, gibt es auf der Website des Landratsamtes auf der Unterseite der Gleichstellungsbeauftragten.

Möglichkeiten-Markt
 Der zentrale Info- und Beratungstag ist am Mittwoch, 3. Mai von 14.30 Uhr an in der Stadthalle Schillerhöhe in Marbach. Dort stellen zahlreiche Beteiligte aus und informieren und beraten unter anderem zu „grünen Berufen“, zum beruflichen Einstieg, Umstieg und Aufstieg. Um 16.30 Uhr führt Martina Klärle, die Präsidentin der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, in die Welt der starken Frauen ein. Um 17.30 Uhr gibt es eine Podiumsdiskussion zur Welt der Mint-Berufe aus Frauensicht geben. Karin Götz, die Leiterin der Gemeinschaftsredaktion Kreis Ludwigsburg der Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten, Marbacher Zeitung und Kornwestheimer Zeitung, moderiert sie.