Systembauten wie diese gibt es in Stuttgart schon einige – jetzt braucht man noch mehr. Im Rathaus diskutiert man das fünfte Paket mit Standorten Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Unter dem Eindruck stark gestiegener Flüchtlingszahlen geht es im Stuttgarter Rathaus jetzt um das fünfte Paket mit Standorten für Unterkünfte. Fast alle im Gemeinderat zollen der ernsten Lage Tribut und wollen mithelfen – die AfD nicht. Sie nutzte die erste Beratung zu einem Rundumschlag gegen die Flüchtlingspolitik in Stadt und Republik.

Stuttgart - Die Gräben im Stuttgarter Rathaus zwischen der rechtspopulistischen AfD einerseits sowie dem übrigen Gemeinderat und der Stadtverwaltung andererseits werden immer tiefer. Am Freitag ist es zu einem heftigen Streit gekommen – ehe 16 Stadträte im Ausschuss für Wirtschaft und Wohnen das Konzept für die weitere Flüchtlingsunterbringung mit viel Lob in die weiteren Beratungen verwiesen. Nur AfD-Stadtrat Bernd Klingler stimmte dagegen. Entschieden wird im Gemeinderat am 29. Oktober.

Mit der sogenannten Tranche 5 von Systembauten sollen 2016 insgesamt 1440 Plätze für Flüchtlinge geschaffen werden, mit Wohncontainern an drei Standorten 708 Plätze. Noch von Oktober an will man in vier leerstehenden Schulgebäuden rund 650 Plätze einrichten, 200 Plätze in vier evangelischen Waldheimen: 54 Plätze im Haus Sonnenwinkel (Dachswald), 50 im Lindental (Weilimdorf), 40 im Waldheim Schlotwiesen (Zuffenhausen) und 54 im Haus Johannes (Botnang). Das Ziel, den vermehrten Flüchtlingen noch im Jahr 2015 weitere 1200 Plätze bereitzustellen, wird aber verfehlt: um 350 Plätze. Die Verwaltung hofft, dass befristet bis zum Beginn der Sommerferien 2016 ein weiteres Waldheim genutzt werden kann. Das Konzept basiert darauf, dass maximal 600 Flüchtlinge pro Monat nach Stuttgart kommen.

Abgesehen von der AfD äußerten alle Gruppierungen Zustimmung. Die CDU will allerdings nicht den ehemaligen TSG-Tennenplatz am Georgiiweg auf der Waldau mit Containern belegen, sondern lieber die Bezirkssportanlage auf der andere Seite des Georgiiwegs. Man wolle nicht Gefahr laufen, dass sich der geplante Bau einer Sporthalle verzögert, sagte Joachim Rudolf. Der Rasenplatz vis-a-vis sei sowieso das halbe Jahr nicht bespielbar, die Bahn für Leichtathleten sanierungsbedürftig. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) will das noch mal prüfen. Bei der Bezirkssportanlage sei aber mit Mehrkosten zu rechnen, und die Halle werde vor 2017 nicht gebaut – „eine Abwägungssache“.

Bürgermeister Föll weist AfD zurecht

AfD-Stadtrat Klingler kritisierte die Standortsuchläufe fundamental und will künftig alles ablehnen, weil er die deutsche Flüchtlingspolitik verurteilt. Gegen die startete er einen Rundumschlag. Sie akzeptiere, dass sich „viel zu viele Menschen breit machen, die aus wirtschaftlichen Gründen kommen“. Deutschland erlebe eine Invasion, werde von „Eindringlingen überrannt“. Im Stadthaushalt, behauptete er fälschlicherweise, sei außer Flüchtlingskosten „so gut wie nichts mehr drin“. Sich selbst lobte Klingler, der in den Landtag will: Er mache Politik für Menschen, die Stuttgart „zu einer weltoffene Stadt machten“.

Bei den anderen herrschte Entsetzen über Klinglers Sprache. Die AfD betreibe Hetze und bereite den „Nährboden für Nazis“, sagten Andreas Winter und Clarissa Seitz (Grüne). Föll sagte, aus Klingler spreche nicht Weltoffenheit, sondern eine Haltung wie bei denen, „die sich als politische Brandstifter betätigen wollen“. Er bekräftigte, dass er in AfD-Stadtrat Dr. Heinrich Fiechtner einen „Ewiggestrigen“ und „Unverbesserlichen“ sehe. Fiechtner solle auch mal Artikel 1 des Grundgesetzes über die Bedeutung der Menschenwürde lesen – eine Reaktion auf Fiechtners Forderung, in Artikel 16 nachzulesen, wann kein Asylgrund vorliegt.