Kein Flüchtling in Ausbildung soll die Lehre abbrechen müssen, sagt die Stadt. Foto: dpa

Der Gemeinderat hat eine umstrittene Entscheidung in der Flüchtlingshilfe korrigiert: Die Wohngebühr in den städtischen Unterkünften wird gesenkt. Und Auszubildende, die ihre Lehre mangels Förderung abbrechen müssten, erhalten Unterstützung von der Stadt.

Stuttgart - Der Sozialausschuss des Gemeinderats hat am Montag zwei Beschlüsse in der Flüchtlingshilfe gefasst. So werden die stark erhöhten Wohngebühren für anerkannte Geflüchtete in städtischen Heimen wieder verringert. Und eine kleine Gruppe von jungen Geflüchteten, die eine Ausbildung machen, aber keine staatliche Unterstützung erhalten, bekommen nun die nötige Hilfe durch die Stadt.

Es ging ein Aufschrei durch die Reihen von Flüchtlingshelfern und Geflüchteten, als die Stadt vorigen September die Wohngebühren für Anerkannte erhöhte, die nicht mehr in Heimen wohnen sollten, dies mangels Alternativen aber müssen. So wollte die Stadt einen höheren Kostendeckungsgrad in den Unterkünften erreichen (89 Prozent). Zumal, so die Kalkulation, die Betroffenen die Wohnkosten ohnehin vom Jobcenter erstattet bekämen und somit der Bund dafür aufkommen muss und nicht die Stadt.

Wohnkosten von bis zu 2425 Euro

So stiegen die Benutzungsgebühren für Flüchtlinge von 116 Euro pro Person und Monat auf 389 Euro (bei 4,5 Quadratmetern Fläche), bei angestrebten sieben Quadratmeter wurden 606 Euro fällig. Für eine vierköpfige Familie waren das Monatsgebühren von 1559 Euro und 2425 Euro. Man ging davon aus, dass sich ohnehin nur für eine kleine Gruppe, für sogenannte Selbstzahler, etwas ändern würde, diesen gewährte man für ein halbes Jahr eine ermäßigte Gebühr von 228 Euro.

Vom 1. April an wird sich dies ändern: Auszubildende, deren Lage man nicht berücksichtigt hatte, bezahlen noch 160 Euro im Monat (250 Euro bei sieben Quadratmetern), ebenso Selbstzahler (vorher 228 oder 355 Euro). Die Regelung für Selbstzahler gilt jetzt 18 Monate. Kinder unter 25 Jahre zahlen noch 80 Euro (100 bei sieben Quadratmetern). Der Höchstbetrag für Paare mit zwei oder mehr Kindern liegt jetzt bei 480 oder 700 Euro (vorher 912 oder 1420 Euro). Die Zusatzeinnahmen der Stadt durch die Erhöhung sinken damit von rund 5,7 auf 5,5 Millionen Euro. Bis Ende Januar erhielten 168 Geflüchteten eine Ermäßigung für Selbstzahler.

Die Fraktionen sind zufrieden

Die Fraktionen waren fast einhellig zufrieden mit dem nicht zuletzt von SPD-Stadträtin Maria Hackl betriebenen Kompromiss. Jochen Stopper (Grüne) sprach von einem guten Prozess. SÖS/Linke-plus hätte sich frühzeitig mehr Sensibilität gewünscht, so Hannes Rockenbauch. Heinrich Fiechtner (AfD) kritisierte den Standard der Unterkünfte.

Der Rat hat mit großer Mehrheit auch der Regelung zugestimmt, dass die Stadt junge Geflüchtete, die eine Ausbildung begonnen haben, wegen noch nicht entschiedenem Verfahren aber keine Berufsausbildungsbeihilfe oder Bafög erhalten wie andere und die Lehre deshalb abbrechen müssten, finanziell unterstützt. Man schließe eine „Förderlücke“. Nach jetzigem Stand erhalten 39 Azubis monatlich maximal 700 Euro. Abzüglich einer durchschnittlichen Ausbildungsvergütung von rund 350 Euro kommen so rund 165 000 Euro Fördergeld im Jahr zusammen. Der Beschluss soll drei Jahre gelten. Heinrich Fiechtner sieht einen Fehlanreiz in „zusätzlichen Leistungen für ungeklärte Fälle“. „Eine Ausbildung ist besser als nichts zu tun“, sagte dagegen Sozialbürgermeister Werner Wölfle (Grüne).