Ein Trauma kann man nur schwer ohne Psychotherapeut oder Psychiater überwinden. Foto: dpa/Jens Wolf

Einige der Menschen, die in Deutschland Hilfe suchen, haben schlimme Erlebnisse hinter sich und brauchen psychologische Unterstützung. Der Landkreis hat dafür ein Konzept entwickelt.

Die Menschen, die nach Deutschland flüchten, haben häufig schlimme Erlebnisse hinter sich, die zu einem Trauma führen. Das wiederum kann ein zusätzliches Integrationshindernis sein. Deshalb ist die Behandlung solcher oft erst mit Verzögerung auftretender Traumata einer der Bausteine des seit 2018 existierenden Integrationsmanagements des Landkreises. Arbeiterwohlfahrt, Caritas, Kreisdiakonieverband, Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und das Landratsamt haben sich vernetzt, um Flüchtlinge in der Anschlussunterbringung zu integrieren. 34 Kommunen haben sich dem Integrationsmanagement des Kreises angeschlossen, fünf machen das in Eigenregie.

Das Traumakonzept für Flüchtlinge basiert auf drei Säulen, erläuterte Fabian Schollenberger vom Landratsamt am Montag dem Sozialausschuss des Kreistags: einer Traumasprechstunde, einem Begegnungscafé und einer Wohngruppe.

Traumasprechstunde

Seit Mitte 2019 können die Betreuer in der Traumasprechstunde traumatisierte Menschen vorstellen oder sich selbst beraten lassen. Jürgen Knieling, der ärztliche Direktor der psychosomatischen Klinik Bietigheim-Bissingen, untersucht, ob eine psychische Störung vorliegt und falls ja, welche. Außerdem sagt er, welche Schritte zur psychischen Stabilisierung nötig sind. Das kann eine medizinische therapeutische Behandlung sein, aber auch eine Empfehlung zur anschließenden sozialpädagogischen Betreuung. Die Wartezeit auf einen Termin beträgt maximal zwei Monate.

Begegnungscafé

Das betreute Gruppenangebot gab es zunächst nur für Männer, seit September 2020 existiert auch eines für Frauen – getrennt, damit man den verschiedenen Bedürfnissen nach Schutz und Vertraulichkeit gerecht werden kann. Zum alle 14 Tage stattfindenden Begegnungscafé werden Menschen eingeladen, die bereits in der Traumasprechstunde waren oder auf der Warteliste stehen. Es gibt verschiedene Angebote zu Beschäftigung, Psychoedukation und stabilisierenden Übungen.

Wohngruppe

Geflüchtete Männer mit einer posttraumatischen Belastungsstörung können seit März in einer Wohngruppe mit Einzel- und Doppelzimmern auf einer Etage in einer Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises Aufnahme finden, wenn sie in der Traumasprechstunde waren und das Gesundheitsamt die Wohngruppe befürwortet. Wöchentliche Entlastungsgespräche mit den Mitarbeitern des Sozialdienstes, Teilnahme an Gruppentreffen und traumatherapeutische Einzelsitzungen gehören mit dazu.

All dies soll langfristig ein selbstständiges Leben ermöglichen. Allerdings, das machte Schollenberger deutlich, dauert bei Vorliegen eines Traumas die Integration länger als die sonst dafür veranschlagten sechs Jahre. Und: Je ungeklärter der Aufenthaltsstatus, desto eingeschränkter sind die Behandlungsmöglichkeiten. Denn dann darf die Krankenbehandlung von den Leistungsbehörden nicht übernommen werden. In solchen Fällen gibt das Integrationsmanagement eine Stellungnahme aus sozialarbeiterischer Sicht an die Leistungsbehörden ab, die in die Fallentscheidung einbezogen werden kann.