Arbeiter verlegen auf einer Baustelle in der Stuttgarter Innenstadt Edelstahlzargen, die mit Beton ausgefüllt werden – Tag für Tag werden in Baden-Württemberg Gebäude, Straßen und Parks auf einer Fläche von rund elf Fußballfeldern verplant. Foto: dpa

Was tun – entweder die Landschaft schützen oder Häuser bauen? Angesichts der Wohnungsnot in den Ballungsgebieten schlägt das Pendel derzeit klar in eine Richtung. Das ist alarmierend, meint unser Kommentator Thomas Faltin.

Stuttgart - Baden-Württemberg wird immer stärker zubetoniert – die Äcker und Wiesen, die allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Wohngebiete und Straßen umgewandelt worden sind, entsprechen einer Fläche, die fast dreieinhalb Mal so groß ist wie die gesamte Gemarkung Stuttgarts. Knapp 700 Quadratkilometer Stein und Asphalt, 70 000 Hektar, 100 000 Fußballfelder. Und nun, in Zeiten der Wohnungsnot, brechen erst recht viele Dämme, denn zurecht müssen möglichst schnell möglichst günstige Wohnungen gebaut werden. Äcker zu Apartments, Wiesen zu Wohnungen, Habitate zu Häusern.

Es gibt nur eine Antwort – und die ist schmerzlich

Dabei kann man Baden-Württemberg nicht vorwerfen, untätig geblieben zu sein. Schon zu jenen lang verflossenen Zeiten, als die Schwarzen noch den Ministerpräsidenten stellen durften, hat die Politik auf die Bremse gedrückt und darauf gedrungen, konsequent innerstädtische Flächen zu nutzen. Tatsächlich verlangsamte sich der Flächenfraß, von zwölf auf rund fünf Hektar pro Tag. Doch jetzt scheint der Trend sich umzukehren, was womöglich auch damit zusammenhängt, dass die Brachen in den Siedlungen irgendwann erschöpft sind. Und nun?

Es gibt nur eine Antwort, und die ist schmerzlich. Um die Naturräume zu schützen, die wir alle brauchen und die wir ja auch alle erhalten wollen, hilft nur, dichter und höher zu bauen. Die Herausforderung der Städte und auch Ortschaften wird darin liegen, Wohnraum mit möglichst geringem Flächenbedarf und dennoch möglichst hoher Lebensqualität zu schaffen. Wohnkasernen und Legebatterien dürfen nicht die Zukunft sein. Dazu gehört aber auch, dass wir alle unsere Ansprüche überdenken. Es muss ein Ende damit haben, dass der Platzbedarf pro Person seit Jahrzehnten steigt. Die Zeit des Flächenluxus ist vorüber.

thomas.faltin@stzn.de