Können bei einem Brand gefährlich werden: Solarzellen auf dem Dach. Foto: dpa

Bei einem Brand stehen die Feuerwehrleute wegen Solarzellen vor völlig neuen Gefahren.

Stuttgart/Filderstadt - Die Zahl der Fotovoltaikanlagen auf deutschen Dächern steigt rasant an. Doch die Solartechnik ist nicht ausgereift. Bei einem Brand stehen die Feuerwehrleute vor völlig neuen Gefahren. Experten fordern deshalb mehr Sicherheit auf dem Solardach. Aber das schmälert die Rendite.

Im Februar ließ die Feuerwehr im ostfriesischen Schwerinsdorf ein Haus kontrolliert abbrennen, weil sich auf dem Dach eine Fotovoltaikanlage befand, die Feuer gefangen hatte. Den Einsatzkräften war das Risiko zu groß, den Wasserstrahl direkt auf das brennende Dach zu richten. Denn die Module der Anlage produzieren selbst bei schwächstem Licht Strom, und der kann gefährlich werden.

Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr aus Filderstadt-Bonlanden waren am vergangenen Sonntag mit einem ähnlichen Problem konfrontiert. In Bonlanden brannte ein Dachstuhl, und die Löscharbeiten wurden durch die Solaranlage erschwert. Die Feuerwehr musste auf einen Elektriker warten, der die Anlage spannungsfrei schaltete. Andreas Reeh, der stellvertretende Stadtbrandmeister von Filderstadt, wehrt sich jedoch gegen Behauptungen, dass durch die Verzögerung ein höherer Schaden (insgesamt 500.000 Euro) entstanden sei. Seine Leute hätten auch vor dem Eingriff des Elektrikers bereits Einsatzmaßnahmen getroffen. Man habe aber die notwendigen Sicherheitsvorschriften, die bei einem Feuer in elektrischen Anlagen gelten, beachten müssen.

"Das ist eine schwierige Kiste"

War der Feuerwehrhauptmann in Filderstadt bei seiner Einschätzung der Lage etwas zu forsch? Der Geschäftsführer des Landesfeuerwehrverbands Baden-Württemberg, Willi Dongus, ist bei der Beurteilung von Fotovoltaikanlagen als Gefahrenquelle für die Feuerwehr wesentlich vorsichtiger. "Das ist eine schwierige Kiste", sagt Dongus. Das Gefahrenpotenzial einer Fotovoltaikanlage sei im Fall eines Brands wesentlich höher als in einer normalen Stromanlage. Aus Sicht des Stuttgarter Feuerwehrsprechers Sebastian Fischer lässt sich diesen Gefahren durch einen erhöhten Schulungsaufwand der Einsatzkräfte begegnen. Den Feuerwehrleuten werde zudem eingebläut, die vorgegebenen Schutzabstände strikt einzuhalten. Fischer räumt allerdings ein, dass die Stuttgarter Wehr noch keine Erfahrung mit Bränden auf Solardächern machen musste. Dass auch die Feuerwehr der Landeshauptstadt in die Verlegenheit kommen könnte, ein Solardach kontrolliert abbrennen zu lassen, schließt Fischer jedoch aus.

Was macht Solartechnik so gefährlich? Für Eric Maiser vom Verband der Deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) ist nicht die Anlage selbst das Problem, sondern die heute weit verbreitete Bauweise: Die einzelnen Paneele werden dabei in einer Reihe miteinander verbunden. Dadurch könne am Ende einer Modulreihe eine Spannung von bis zu 1000 Volt entstehen. Bereits bei 120 Volt bestehe bei der in Fotovoltaikanlagen erzeugten Stromart (Gleichstrom) allerdings die Gefahr, einen tödlichen Stromschlag zu erleiden. Maiser bedauert, dass es keine Verpflichtung zum Einbau von Abschaltvorrichtungen gibt, obwohl sich diese Technik auf dem Markt befindet. Für einen schwäbischen Praktiker aus dem Bereich der Solarenergie ist der VDMA-Vorschlag nur ein Schritt in die richtige Richtung. "Das Geiz-ist-geil-Prinzip ist schuld daran, dass die heutige Fotovoltaiktechnik mit großen Gefahren behaftet ist", behauptet Gerd Salwa aus Köngen im Kreis Esslingen. Weil Anlagenbauer und Anlagenkäufer eine möglichst hohe Rendite aus Investition und Einspeisevergütung im Auge hätten, wird laut Salwa die Sicherheit vernachlässigt.

Als Leiter der Köngener Firma Solarconsult glaubt Salwa genau zu wissen, wovon er spricht. Sein Unternehmen habe bereits im Jahr 2003 ein System auf den Markt gebracht, bei dem eine Maximalspannung von nur 75Volt entstehen könne. Bei dieser niederen Spannung würden die gefürchteten Lichtbögen nicht entstehen, wenn bei spannungsführenden Komponenten wie Kabel, Stecker oder Anschlussdosen Defekte auftreten. Salwa ist überzeugt davon, dass solche Lichtbögen meistens die Ursache dafür sind, wenn mit Fotovoltaik bestückte Dächer brennen. Vermutlich sei dies am Sonntag auch in Filderstadt der Fall gewesen.

Sichere Solarlösungen haben allerdings einen Nachteil: Sie sind bis zu 20 Prozent teurer als die Hochspannungsprodukte. Das Plus an Sicherheit und die Gewissheit, dass die Leistungsfähigkeit eines solchen Solardachs optimal ausgenutzt wird, seien aber Gründe genug, um sich von der problematischen Bauweise zu verabschieden.