Gruppenleiterin Ann-Katrin Riedesser präsentiert das Wahrzeichen aus Bienenwachs. Foto: Sascha Schmierer

Ein Wahrzeichen zum Abfackeln gibt es jetzt bei den Karl-Schubert-Werkstätten in Filderstadt. Die sozialtherapeutische Einrichtung hat eine Wachskerze in der Form des Stuttgarter Fernsehturms auf den Markt gebracht.

Filderstadt - Schon mit ihren Anzündhilfen für den heimischen Kaminofen haben die Karl-Schubert-Werkstätten vor zwei Jahren eine „brandheiße“ Idee in die Tat umgesetzt – und durch ordentliche Verkaufszahlen den körperlich oder geistig beeinträchtigten Mitarbeitern in der sozialtherapeutischen Einrichtung eine so sinnvolle wie dauerhafte Arbeit verschafft.

Jetzt könnte ein neues Produkt nicht nur für Beschäftigung, sondern auch für landesweite Aufmerksamkeit sorgen. Zum „Tag der offenen Tür“ an diesem Samstag, 19. März, präsentiert die 1973 gegründete Gemeinschaft nämlich eine Neuheit, die bei Souvenirjägern weit über die Region Stuttgart hinaus einen reißenden Absatz verspricht.

Eine 30 Zentimeter hohe Miniaturausgabe aus Bienenwachs

Es geht um eine – mit Docht gerechnet – 30 Zentimeter hohe Miniaturausgabe des Stuttgarter Fernsehturms, die in der Fördergruppe der Sozialeinrichtung in Neuenhaus hergestellt wird. In reiner Handarbeit schmelzen die betreuten Beschäftigten elfenbeinfarbenes Bienenwachs ein, um aus der brodelnden Flüssigkeit eine Kerze in Form des vor wenigen Wochen nach großer Sanierung neu eröffneten Wahrzeichens zu gießen.

Exakt 28 Gramm wiegt das gute Stück, die Brenndauer der Fernsehturm-Kerze wird mit etwa fünf Stunden angegeben – wenn man das Bienenwachs-Wahrzeichen überhaupt anzünden will. Die meisten Fernsehturm-Touristen, da ist sich Werkstattleiter Thomas Fietkau fast sicher, werden den Wolkenkratzer im Kleinformat als Erinnerungsstück an einen Ausflug nach Degerloch ins Regal stellen.

Beim Stichwort „Brandschutz“ kam die Idee zum Souvenir

Den Einfall mit der Souvenir-Kerze hatte der langjährige Mitarbeiter der Behinderteneinrichtung durch die Debatte um die Sicherheit für das Stuttgarter Wahrzeichen. Bekanntlich war das 1956 als erster Fernsehturm der Welt erbaute Ausflugsziel wegen akuter Brandschutz-Defizite drei Jahre lang fürs Publikum geschlossen. „Beim Stichwort Brandschutz kam ich auf den Gedanken, dass wir eigentlich einen Fernsehturm zum Abfackeln herstellen könnten“, sagt Fietkau.

Eine Kollegin hatte unabhängig von ihm eine ganz ähnliche Idee, nach dem Bau einer Gussform und Verhandlungen über die Markenrechte kommt fast pünktlich zur Wiedereröffnung nun die Miniatur aus Wachs auf den Markt. Der Souvenirshop des Südwestrundfunks hat laut Fietkau bereits großes Interesse angemeldet, die imageträchtige Kerze in sein Sortiment aufzunehmen – auch wenn bei der Produktion in der Fördergruppe keine riesigen Stückzahlen zu erwarten sind. Weil die Beschäftigten in Neuenhaus kaum in der Lage sind, eine Tätigkeit wirklich selbstständig zu erledigen, ist am Arbeitsplatz eine 100-Prozent-Betreuung notwendig. „Es geht nicht darum, möglichst produktiv zu arbeiten“, stellt der Werkstattleiter klar. Eine Quote von zehn Fernsehtürmchen täglich ist fast das höchste der Gefühle – mehr geht nicht.

Beschäftigte sind mächtig stolz auf das neue Produkt

Trotz ihrer Beeinträchtigung sind die Mitarbeiter in Neuenhaus übrigens Feuer und Flamme für das neue Produkt. „Zu spüren ist der Stolz, einen Fernsehturm im Kleinformat entstehen zu lassen – den kennt schließlich jeder und findet ihn toll“, berichtet die Gruppenleiterin Ann-Katrin Riedesser. Und: Große Freude hat bei den Mitarbeitern die Nachricht ausgelöst, dass es demnächst einen Ausflug zum 216,60 Meter hohen Original geben wird.

Werkstattleiter Thomas Fietkau hat derweil schon die nächste Idee in Planung: Erstens müssen noch mehr Formen beschafft werden, in denen der Wachsturm nach dem Guss auskühlen kann. Zweitens denkt er bereits über einen Kerzenständer für den Miniatur-Wolkenkratzer nach – eine aus Beton geformte Nachbildung des originalen Fernsehturm-Fundaments.