Einsatzkräfte der Feuerwehr entfernen sich vom mutmaßlichen Brandherd an den Gleisen für den Regional- und Fernverkehr. Foto: dpa/Marijan Murat

Wegen eines Feuers und starker Rauchentwicklung wurde der Hauptbahnhof evakuiert. Noch ist unsicher, wann Fernzüge wieder verkehren. Fahrgäste reagieren ratlos, aber gelassen.

Stuttgart - Der Weg zu den Gleisen ist am Stuttgarter Hauptbahnhof mit einem rot-weißen Absperrband abgeriegelt. Jenseits der Absperrung sind nur die Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr zu sehen. Ein Polizist weist den Weg zu den Sprechern von Polizei, Feuerwehr und Deutscher Bahn. Der Tunnel zu den Bahnsteigen ist normalerweise voll mit Rollkoffer schiebenden Fahrgästen. Nun wirkt er verlassen. Nur einige Feuerwehrmänner sind dort unterwegs zur Bahnhofshalle. An den Gleisen stehen Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr. Von einem Brandherd ist nichts zu sehen oder zu riechen.

Yannik Dotzek, Sprecher der Polizei, erläutert, was sich an diesem Morgen am Hauptbahnhof abgespielt hat. Gegen 8.30 Uhr habe es an den Gleisen gequalmt, an denen Regional- und Fernzüge halten. Sechs Minuten später sei der gesamte Zugverkehr gestoppt worden. Einsatzkräfte von Feuerwehr und Polizei rückten mit zwölf Löschfahrzeugen an und räumten den Bahnhof bis 8.50 Uhr. Die Evakuierung sei „ruhig und gesittet“ abgelaufen, meint der Polizeisprecher. Über die Ursache des Brandes gebe es bisher nur eine Vermutung, erklärt Dotzek. „Wir gehen davon aus, dass ein defektes Wasserrohr unter den Gleisen einen Kabelbrand ausgelöst hat“, sagt er.

Der Sprecher der Bahn, Reinhold Willing, verdeutlicht die Dimensionen des Vorfalls in Zahlen. 300 000 Fahrgäste stiegen im Durchschnitt jeden Tag am Hauptbahnhof ein und aus, sagt er. Seit 8.36 Uhr stehen alle Fern- und Regionalzüge im Bahnhof still. Immerhin verkehrt die S-Bahn seit 10 Uhr wieder im 30-Minuten-Takt. Wann die Fern- und Regionalzüge den Stuttgarter Hauptbahnhof wieder ansteuern können, sei derzeit ungewiss, sagt Willing. Die Bahn berate im Reisezentrum Kunden, wie sie ihre Zugreise fortsetzen können, meint Willing. „Wir stellen zusätzliches Personal bereit“, sagt er. Wer von Hamburg anreist, für den endet die Zugfahrt nach Stuttgart derzeit in Mannheim. Für Züge aus Zürich oder Singen ist in Böblingen Schluss. Fahrgäste aus Paris müssen in Karlsruhe aussteigen. Fernreisende, die in Stuttgart einsteigen wollen, empfiehlt Willing, mit der S-Bahn nach Esslingen oder Vaihingen an der Enz zu fahren. „Der Regionalverkehr endet derzeit in den Vorstadtbahnhöfen“, erklärt der Bahnsprecher.

Wer es eilig hat, mag kein Wort verlieren. Ein Mann im Anzug geht schnellen Schrittes durch den nichtabgesperrten Teil des Hauptbahnhofs vor dem Südausgang. Er zieht einen Reise-Trolley hinter sich her. Der Mann schüttelt nur barsch mit dem Kopf, als er angesprochen wird. Cindy Lütsch aus Schwäbisch Hall scheint dagegen keinen Anlass für Hektik zu sehen. Sie lehnt an einem großen Reisekoffer und tauscht sich gelassen mit ihren Freunden aus. Gemeinsam hatte sich Gruppe schon auf ein Kölsch in der Kölner Altstadt gefreut. Die Freunde wollten eine paar Tage in der Großstadt am Rhein verbringen. Ob daraus wird, weiß Lütsch nicht. „Wir haben es ja wenigstens nicht weit nach Hause“, sagt sie.

Fahrgäste erwarten Entschädigung

Roland und Gertraud Blaser aus dem mittelfränkischen Neuendettelsau sehen das nicht so entspannt. Roland Blaser zieht einen großen Rollkoffer hinter sich her. Seine Frau und er planten mehrere Tage Erholung in Titisee-Neustadt. „Uns hat man gesagt, wir sollen mit der S-Bahn nach Herrenberg und dort in die Regionalbahn nach Rottweil umsteigen“, erzählt er. „Ein halber Urlaubstag ist damit schon weg“, sagt seine Frau Gertraud. Sollten sie ihr Ziel gar nicht erreichen und wieder nach Hause fahren müssen, erwartet das Ehepaar eine Entschädigung für das gebuchte Hotel. „Das muss die Bahn dann regeln“, meint Blaser. Den Beginn erholsamer Tage hat sich das Ehepaar wohl anders vorgestellt.