Im Berufsverkehr kam es trotz Feinstaubalarm zu Staus. Erwachsene können im VVS-Gebiet zum halben Preis mit Bus und Bahn fahren. Foto: Lichtgut/Kovalenko (7), Lg/Zweygarth

Obwohl sich die Konzentration von Feinstaub in der Luft am Donnerstag unter dem Grenzwert bewegt hat, weitet die Stadt die Alarmphase mit dem Appell zum Umstieg auf Bus und Bahn aus.

Stuttgart - Die Feinstaubwerte in der Landeshauptstadt haben sich an der entscheidenden Messstation am Neckartor am Donnerstag bis zum späten Abend im Mittel bei 32 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft eingependelt. Der EU-Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm. „Es ist zu erwarten, dass wir unter dieser Grenze bleiben, genau wissen wir das erst am Freitag“, sagte Jana Braun von der Pressestelle der Stadt. Es bleibt offen, ob sich die günstige Entwicklung des ersten Feinstaub-Alarmtages fortsetzt. Der Luftaustausch in der Stadt bleibe schwach, es sei kein Regen in Sicht, die Verwaltung werde die Alarmphase daher „wahrscheinlich bis Sonntag ausweiten“, so die Sprecherin.

 

Stadtverwaltung, Land, Regierungspräsidium und viele Firmen hatten dazu aufgerufen, am Donnerstag und Freitag das Auto stehen zu lassen und für den Arbeitsweg und andere Strecken Bus und Bahn oder das Fahrrad zu nutzen oder zu Fuß zu gehen. Erstmals gibt es als Motivationshilfe an den Alarmtagen ein Feinstaubticket. Erwachsene dürfen zum halben Preis fahren, mit einer Kinderkarte, und zwar im gesamten Gebiet des Verkehrsverbundes Stuttgart (VVS), also auch weit außerhalb der Großstadt. Ein Fahrgast in Degerloch berichtete, dass er das Ticket im Bus extra verlangen musste. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG registrierte keinen merklich stärkeren Andrang als sonst.

Der VVS hat sein Angebot ausgeweitet

Mit zusätzlichen Angeboten im Regional- und Nahverkehr soll so versucht werden, die Vorgaben der EU zum Gesundheitsschutz einzuhalten. Gelingt dies auf freiwilliger Basis nicht, wird es zu Fahrverboten kommen. „Jede Fahrt ohne Auto ist ein Beitrag für bessere Luft in Stuttgart“, sagte OB Fritz Kuhn (Grüne).

Der VVS zeigte sich am ersten Alarmtag zufrieden. Die Nachfrage nach Feinstaubtickets sei hoch. „Verlässliche Zahlen können aber erst in einigen Wochen gegeben werden, da Hunderte von Automaten und einige Tausend Busfahrer abgerechnet werden müssen“, erklärt VVS-Geschäftsführer Horst Stammler. Die Fahrtanfragen seien merklich gestiegen, Busse und Bahnen voller gewesen als sonst. Die Mobilitäts-Plattform Moovel, eine Daimler-Tochter, gab ebenfalls Tickets zum halben Preis ab. Von 7.25 bis 8.25 Uhr hatte die Technik dabei einen Durchhänger. Es seien keine Suchergebnisse ausgewiesen worden, sagte Moovel-Sprecherin Melanie Graf. Die Ticketbuchung war aber über die Direktwahl der Haltestelle möglich. „Die Aktion wird gut angenommen", so Graf, für Zahlen sei es noch zu früh. Die hat auch Porsche nicht. Bei dem Sportwagenhersteller ist der Firmenausweis an Alarmtagen Fahrschein. Man hoffe, dass das Angebot gut angenommen werde, sagte ein Sprecher.

Die Blechlawine nahm kaum ab

Viele Pendler waren auch am Donnerstag mit dem Auto unterwegs. Auf der B 10 und der B 27 im Norden kam es zu Staus, auf den Fildern ging es zäh voran. „Ein Donnerstag wie jeder andere“, sagte ein Sprecher des Verkehrslagezentrums im Innenministerium, „der Donnerstag ist ein Schwerpunkttag wie der Freitag.“ Ob weniger Autos unterwegs waren, „das können wir frühestens in drei Tagen sagen“, erklärt der Leiter der Integrierten Verkehrsleitzentrale, Ralf Thomas. Dann seien die Zählungen ausgewertet. Bei der Feinstaubsaison zu Jahresanfang habe man festgestellt, dass im Berufsverkehr „etwa drei bis fünf Prozent weniger Fahrzeuge unterwegs waren“. Aus Sicht des Bundes für Umwelt und Naturschutz verkennen die Autofahrer den Ernst der Lage. Die Automobilisten sollten die verbesserten und verbilligten Angebote von Bahnen und Bussen nutzen, um Zwangsmaßnahmen abzuwenden, sagte Landesgeschäftsführerein Sylvia Pilarsky-Grosch. Bei dem schönen Wetter könne man „auch sehr gut mit dem Rad fahren“.