Fahrdienstvermittler galten lange als Mittel gegen das tägliche Chaos auf den Straßen. Stattdessen verursachen sie zusätzlichen Verkehr. Trotzdem könnten sie in Zukunft unsere Mobilität verbessern.
Berlin - Fahrdienstvermittler wie Uber inszenieren sich gerne als Kämpfer gegen das Verkehrschaos in den Städten. Wenn mehr Menschen auf das eigene Auto verzichten und stattdessen online einen Wagen bei einem Fahrdienst buchen, seien am Ende weniger Autos unterwegs, argumentieren die Anbieter. Doch derzeit ist eher das Gegenteil der Fall, wie das Beispiel San Francisco zeigt.
Dort wurde im Jahr 2009 mit Uber der Pionier dieser Branche gegründet, dort waren die Autos der Fahrdienstvermittler bereits 2016 zwölf mal häufiger als herkömmliche Taxis unterwegs. Via App arrangierten sie rund fünfzehn Prozent aller Fahrten in der Stadt. Gleichzeitig wuchsen allerdings die Verzögerungen durch Verkehrsstaus unter der Woche im Vergleich mit dem Jahr 2010 um 62 Prozent. Ohne Fahrdienstvermittler hätten die durch Staus verlorenen Zeiten an einem durchschnittlichen Mittwoch im Herbst dagegen nur um 22 Prozent zugenommen, berichten Gregory Erhardt von der University of Kentucky im US-amerikanischen Lexington und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science Advances“.
Da es ein San Francisco ohne Fahrdienstvermittler als Vergleichsgröße nicht mehr gibt, simulierten die US-Forscher eine Stadt mit und ohne Uber und Co. im Computer. Ihre Modellrechnungen liefern weitere Indizien dafür, dass die im San Francisco des Jahres 2016 online gebuchten Fahrten dem Verkehr insgesamt nicht gutgetan haben. So nahm die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der die Fahrzeuge unterwegs waren, von 2010 bis 2016 um 13 Prozent ab. Ohne Fahrdienstvermittler hätte dieser Rückgang nur bei vier Prozent gelegen.
Mehr Einwohner und mehr Arbeitsplätze
In dieser Zeit ist San Francisco allerdings auch von 805 000 auf 876 000 Einwohner gewachsen, die Zahl der Arbeitsplätze stieg von 545 000 auf 703 000. Auf der anderen Seite wurde mit der Presidio Parkway die Verbindung von der Golden Gate Bridge zur Innenstadt stark verbessert und der Busverkehr optimiert. Zusammengenommen haben diese Veränderungen den Verkehr in San Francisco aber weniger beeinflusst, als es die in dieser Zeit explosiv gewachsenen Fahrdienstvermittler taten, schließen Gregory Erhardt und seine Kollegen aus ihren Computersimulationen.
Die US-Forscher haben natürlich auch untersucht, weshalb Uber und Co. überhaupt die Staugefahr vergrößern. Schließlich starteten die Fahrdienstvermittler mit einer völlig anderen Überlegung: Statt mit dem eigenen Auto könnten die Menschen ihre Fahrten deutlich preiswerter als mit dem Taxi und bequemer als mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen und sich die Fahrt und deren Kosten mit Gleichgesinnten teilen. Damit wären weniger Fahrzeuge unterwegs, und die Staugefahr würde sinken. In der Realität des Jahres 2016 aber ließen rund die Hälfte der Nutzer von Fahrdienstvermittlern in den USA nicht etwa das eigene Auto, sondern ihr Fahrrad stehen, ersetzen einen Fußweg durch eine Autofahrt oder hätten sich ohne das neue Angebot gar nicht erst auf den Weg gemacht. Ohne Uber und Co. hätte es diese Autofahrten also gar nicht gegeben.
Niedriger Preis lockt zusätzliche Kunden
Treiber dieser Entwicklung ist der Preis. Oft sitzen bei den Fahrdiensten Privatpersonen am Steuer ihres privaten Autos, die eine Fahrt deutlich billiger als ein Taxi anbieten – und so Menschen befördern, die sich ein Taxi normalerweise nicht leisten können oder wollen. Trotzdem aber ist der Fahrer ähnlich wie bei Taxen und Bussen immer noch der größte Kostenfaktor. Gemeinhin gelten Fahrdienstvermittler mit Fahrern aus Fleisch und Blut daher auch als Brücken-Technologie zu autonomen Autos. Sobald die Technik so weit ist, ruft die App dann ein Fahrzeug, das ohne Fahrer vollautomatisch unterwegs ist, was die Fahrkosten ganz erheblich drückt. Steigt mit den autonomen Autos ohne Fahrer dann also die Häufigkeit von Staus noch stärker an?
„Unsere Modelle zeigen, dass dann auch Fußgänger und Radfahrer zu den neuen Verkehrsmitteln wechseln und so der Verkehr weiter zunimmt“, meint Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin. Ähnlich wie die Kollegen in den USA bilden der TUB-Forscher und seine Mitarbeiter die Stadt Berlin und ihren Verkehr in Computern nach.
Ohne Probleme und lange politische Diskussionen können die Experten daher verschiedene Maßnahmen im Computer durchspielen, die später die Mobilität der Zukunft in der realen Welt steuern und negative Auswirkungen wie zusätzliche Staus verhindern sollen. Die Ergebnisse der Forscher dienen Verwaltungen und Politikern dann als Grundlage, auf der sie ihre verkehrspolititischen Entscheidungen treffen können.
Zusatzgebühr für stauträchtige Strecken
„So kann man zum Beispiel ähnlich wie im Taxi einen Einstiegspreis verlangen, der dann auf die gefahrene Strecke angerechnet wird“, erklärt Kai Nagel eine solche Möglichkeit. Diesen Vorschlag setzt das Sammeltaxi-Projekt Berlkönig, das die Berliner Verkehrsbetriebe BVG mit privaten Partnern betreiben, bereits um: Bei vier Euro Grundgebühr laufen viele Menschen lieber ein paar Hundert Meter zu Fuß oder fahren mit dem Rad. „Natürlich sollte man zum Beispiel für Gehbehinderte über Sonderregelungen nachdenken“, führt Kai Nagel weiter aus, der zusammen mit der BVG die Wirkungen des Berlkönig-Projekts untersucht.
„Staus wie in San Francisco könnte man verringern, wenn man anfällige Strecken zu stauträchtigen Zeiten mit einer Gebühr belegt“, erklärt Nagel weiter. Die TUB-Simulationen zeigen, dass die Menschen diese Gebühr vermeiden wollen – was Staus entgegenwirken würde. Die Mobilität der Zukunft kann also durchaus Vorteile bringen, sofern ihre Entwicklung in die richtigen Bahnen gelenkt werden.
So sieht die Mobilität der Zukunft aus
Platzbedarf Autonome Fahrzeuge verzichten nicht nur auf die teuerste, sondern auch auf eine relativ fehleranfällige Komponente: den Fahrer. Stellen Fahrdienstvermittler preiswerte Mobilität zuverlässig zur Verfügung, werden vermutlich viele Menschen auf das teure eigene Auto verzichten. Mittelfristig könnten daher die Fahrzeugflotten kleiner werden – und so mehr Platz in den Städten schaffen.
Kosten Das sogenannte Ridesplitting könnte Fahrzeugflotten, Kosten und Platzbedarf des Verkehrs weiter reduzieren. Dabei können Fahrgäste wählen, ob sie eine Fahrt ganz oder teilweise mit anderen teilen wollen, die in der gleichen Richtung unterwegs sind. Natürlich werden dabei auch die Fahrtkosten geteilt. Als Sammeltaxis sind solche Systeme schon lange im Einsatz.
Sicherheit Unfallvermeidungstechniken sind für autonome Fahrzeuge extrem wichtig. Da die deutsche Industrie gerade in diesem Bereich eine weltweit führende Rolle spielt, eröffnen sich hier auch große wirtschaftliche Chancen für hiesige Unternehmen.
Umwelt Das Klima profitiert ebenfalls von Fahrdienstvermittlern und autonomem Fahren, wenn der Markt intelligent gesteuert wird. So senkt Ridesplittung den Pro-Kopf-Energieverbrauch. Da autonome Fahrzeuge häufiger als private unterwegs sind, altern sie auch schneller und müssen etwa schon nach zwei Jahren ersetzt werden, während private Autos eher zehn Jahre genutzt werden. Das wiederum beschleunigt den Umstieg auf Elektromobilität oder Brennstoffzellenantriebe, die weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen.
Dort wurde im Jahr 2009 mit Uber der Pionier dieser Branche gegründet, dort waren die Autos der Fahrdienstvermittler bereits 2016 zwölf mal häufiger als herkömmliche Taxis unterwegs. Via App arrangierten sie rund fünfzehn Prozent aller Fahrten in der Stadt. Gleichzeitig wuchsen allerdings die Verzögerungen durch Verkehrsstaus unter der Woche im Vergleich mit dem Jahr 2010 um 62 Prozent. Ohne Fahrdienstvermittler hätten die durch Staus verlorenen Zeiten an einem durchschnittlichen Mittwoch im Herbst dagegen nur um 22 Prozent zugenommen, berichten Gregory Erhardt von der University of Kentucky im US-amerikanischen Lexington und seine Kollegen in der Zeitschrift „Science Advances“.
Da es ein San Francisco ohne Fahrdienstvermittler als Vergleichsgröße nicht mehr gibt, simulierten die US-Forscher eine Stadt mit und ohne Uber und Co. im Computer. Ihre Modellrechnungen liefern weitere Indizien dafür, dass die im San Francisco des Jahres 2016 online gebuchten Fahrten dem Verkehr insgesamt nicht gutgetan haben. So nahm die durchschnittliche Geschwindigkeit, mit der die Fahrzeuge unterwegs waren, von 2010 bis 2016 um 13 Prozent ab. Ohne Fahrdienstvermittler hätte dieser Rückgang nur bei vier Prozent gelegen.
Mehr Einwohner und mehr Arbeitsplätze
In dieser Zeit ist San Francisco allerdings auch von 805 000 auf 876 000 Einwohner gewachsen, die Zahl der Arbeitsplätze stieg von 545 000 auf 703 000. Auf der anderen Seite wurde mit der Presidio Parkway die Verbindung von der Golden Gate Bridge zur Innenstadt stark verbessert und der Busverkehr optimiert. Zusammengenommen haben diese Veränderungen den Verkehr in San Francisco aber weniger beeinflusst, als es die in dieser Zeit explosiv gewachsenen Fahrdienstvermittler taten, schließen Gregory Erhardt und seine Kollegen aus ihren Computersimulationen.
Die US-Forscher haben natürlich auch untersucht, weshalb Uber und Co. überhaupt die Staugefahr vergrößern. Schließlich starteten die Fahrdienstvermittler mit einer völlig anderen Überlegung: Statt mit dem eigenen Auto könnten die Menschen ihre Fahrten deutlich preiswerter als mit dem Taxi und bequemer als mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigen und sich die Fahrt und deren Kosten mit Gleichgesinnten teilen. Damit wären weniger Fahrzeuge unterwegs, und die Staugefahr würde sinken. In der Realität des Jahres 2016 aber ließen rund die Hälfte der Nutzer von Fahrdienstvermittlern in den USA nicht etwa das eigene Auto, sondern ihr Fahrrad stehen, ersetzen einen Fußweg durch eine Autofahrt oder hätten sich ohne das neue Angebot gar nicht erst auf den Weg gemacht. Ohne Uber und Co. hätte es diese Autofahrten also gar nicht gegeben.
Niedriger Preis lockt zusätzliche Kunden
Treiber dieser Entwicklung ist der Preis. Oft sitzen bei den Fahrdiensten Privatpersonen am Steuer ihres privaten Autos, die eine Fahrt deutlich billiger als ein Taxi anbieten – und so Menschen befördern, die sich ein Taxi normalerweise nicht leisten können oder wollen. Trotzdem aber ist der Fahrer ähnlich wie bei Taxen und Bussen immer noch der größte Kostenfaktor. Gemeinhin gelten Fahrdienstvermittler mit Fahrern aus Fleisch und Blut daher auch als Brücken-Technologie zu autonomen Autos. Sobald die Technik so weit ist, ruft die App dann ein Fahrzeug, das ohne Fahrer vollautomatisch unterwegs ist, was die Fahrkosten ganz erheblich drückt. Steigt mit den autonomen Autos ohne Fahrer dann also die Häufigkeit von Staus noch stärker an?
„Unsere Modelle zeigen, dass dann auch Fußgänger und Radfahrer zu den neuen Verkehrsmitteln wechseln und so der Verkehr weiter zunimmt“, meint Kai Nagel von der Technischen Universität Berlin. Ähnlich wie die Kollegen in den USA bilden der TUB-Forscher und seine Mitarbeiter die Stadt Berlin und ihren Verkehr in Computern nach.
Ohne Probleme und lange politische Diskussionen können die Experten daher verschiedene Maßnahmen im Computer durchspielen, die später die Mobilität der Zukunft in der realen Welt steuern und negative Auswirkungen wie zusätzliche Staus verhindern sollen. Die Ergebnisse der Forscher dienen Verwaltungen und Politikern dann als Grundlage, auf der sie ihre verkehrspolititischen Entscheidungen treffen können.
Zusatzgebühr für stauträchtige Strecken
„So kann man zum Beispiel ähnlich wie im Taxi einen Einstiegspreis verlangen, der dann auf die gefahrene Strecke angerechnet wird“, erklärt Kai Nagel eine solche Möglichkeit. Diesen Vorschlag setzt das Sammeltaxi-Projekt Berlkönig, das die Berliner Verkehrsbetriebe BVG mit privaten Partnern betreiben, bereits um: Bei vier Euro Grundgebühr laufen viele Menschen lieber ein paar Hundert Meter zu Fuß oder fahren mit dem Rad. „Natürlich sollte man zum Beispiel für Gehbehinderte über Sonderregelungen nachdenken“, führt Kai Nagel weiter aus, der zusammen mit der BVG die Wirkungen des Berlkönig-Projekts untersucht.
„Staus wie in San Francisco könnte man verringern, wenn man anfällige Strecken zu stauträchtigen Zeiten mit einer Gebühr belegt“, erklärt Nagel weiter. Die TUB-Simulationen zeigen, dass die Menschen diese Gebühr vermeiden wollen – was Staus entgegenwirken würde. Die Mobilität der Zukunft kann also durchaus Vorteile bringen, sofern ihre Entwicklung in die richtigen Bahnen gelenkt werden.
So sieht die Mobilität der Zukunft aus
Platzbedarf Autonome Fahrzeuge verzichten nicht nur auf die teuerste, sondern auch auf eine relativ fehleranfällige Komponente: den Fahrer. Stellen Fahrdienstvermittler preiswerte Mobilität zuverlässig zur Verfügung, werden vermutlich viele Menschen auf das teure eigene Auto verzichten. Mittelfristig könnten daher die Fahrzeugflotten kleiner werden – und so mehr Platz in den Städten schaffen.
Kosten Das sogenannte Ridesplitting könnte Fahrzeugflotten, Kosten und Platzbedarf des Verkehrs weiter reduzieren. Dabei können Fahrgäste wählen, ob sie eine Fahrt ganz oder teilweise mit anderen teilen wollen, die in der gleichen Richtung unterwegs sind. Natürlich werden dabei auch die Fahrtkosten geteilt. Als Sammeltaxis sind solche Systeme schon lange im Einsatz.
Sicherheit Unfallvermeidungstechniken sind für autonome Fahrzeuge extrem wichtig. Da die deutsche Industrie gerade in diesem Bereich eine weltweit führende Rolle spielt, eröffnen sich hier auch große wirtschaftliche Chancen für hiesige Unternehmen.
Umwelt Das Klima profitiert ebenfalls von Fahrdienstvermittlern und autonomem Fahren, wenn der Markt intelligent gesteuert wird. So senkt Ridesplittung den Pro-Kopf-Energieverbrauch. Da autonome Fahrzeuge häufiger als private unterwegs sind, altern sie auch schneller und müssen etwa schon nach zwei Jahren ersetzt werden, während private Autos eher zehn Jahre genutzt werden. Das wiederum beschleunigt den Umstieg auf Elektromobilität oder Brennstoffzellenantriebe, die weniger klimaschädliches CO2 ausstoßen.