Suchtforscher warnen vor einer zunehmenden Abhängigkeit der Jugendlichen von Computerspielen und sozialen Medien.
Hamburg - Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), forderte zum Auftakt des Deutschen Suchtkongresses 2018 eine strengere Altersfreigabe bei Computerspielen. Neben Darstellungen von Sex und Gewalt müsse auch das Suchtpotenzial berücksichtigt werden, sagte Mortler am Montag in Hamburg. Rund 100.000 der zwölf- bis 17-Jährigen gelten als abhängig von Facebook oder Instagram. Das sind 2,6 Prozent dieser Altersgruppe. 8,4 Prozent der Jungen und Männer zwischen zwölf und 25 Jahren sind den Angaben zufolge süchtig nach Computerspielen.
Von internetbezogenen Störungen betroffen
Kinder und Jugendliche seien deutlich häufiger von internetbezogenen Störungen betroffen als Erwachsene, sagte der Lübecker Suchtforscher Hans-Jürgen Rumpf. Seit 2011 habe sich die Zahl der Abhängigen etwa verdoppelt. Mädchen seien anfälliger für Facebook und Instagram, Jungen eher für Computerspiele. Besondere Risiken, abhängig zu werden, seien Arbeitslosigkeit, Migration und ein bildungsfernes Elternhaus. Exzessive Internetnutzung könne zu Mangelernährung, Vereinsamung und Entwicklungsstörungen führen. Rumpf: „Der Start ins Leben ist dann besonders schwer.“
Bessere Prävention gefordert
Rainer Thomasius, Hamburger Suchtforscher für das Kindes- und Jugendalter und Präsident des Suchtkongresses, forderte eine bessere Prävention. Anbieter von Computerspielen und sozialen Medien haben nach Rumpfs Worten relativ einfache technische Mittel, die Suchtprävention zu fördern. So könnten nach einem mehrstündigen Spiel Warnhinweise eingeblendet werden. Auch könnten Spielzeiten begrenzt und Auszeiten in den Spielen belohnt werden. Stattdessen werde jedoch das Suchtverhalten gefördert, wenn Auszeiten das Spielergebnis verschlechtern. Als „sehr schädlich“ kritisierte Rumpf Computerspiel-Messen. Es werde dabei die Botschaft vermittelt: „Viel Spielen ist gut.“
Bekämpfung der Internet-Sucht
Bei der Bekämpfung der Internet-Sucht könne die Forschung auf Ergebnisse der Alkohol-Prävention zurückgreifen, sagte Rumpf. Als wirkungsvoll habe sich erwiesen, wenn junge Menschen eine starke Persönlichkeit entwickeln. Das sei ein „Breitband-Antibiotikum“ gegen jede Art von Sucht. Ähnlich wie Mathematik sollte es ein Schulfach „Kommunikation“ oder „Selbstwert“ geben.
Schwerpunktthema des Deutschen Suchtkongresses 2018 ist die Versorgung von suchtabhängigen Kindern und Jugendlichen. Bis Mittwoch suchen rund 600 Psychologen, Mediziner, Therapeuten und Lehrkräfte nach Wegen, wie die Versorgung verbessert werden kann.