Der Neubau des Gemeindehauses hat 4,45 Millionen Euro gekostet. Foto: Leihenseder

Für 4,45 Millionen Euro hat sich die evangelische Gemeinde Stuttgart-Degerloch ein neues Gemeindehaus bauen lassen. Am Sonntag ist es feierlich eröffnet worden.

Degerloch - Es ist ein Drängeln, ein Hallo und ein Händeschütteln am Sonntagmittagim neu errichteten Gemeindehaus Elly Heuss-Knapp. Zur feierlichen Eröffnung und dem Tag der offenen Tür sind viele Degerlocher der Einladung der evangelischen Kirchengemeinde gefolgt und haben ihre neugierigen Blicke in dem schicken Gebäude direkt neben der Michaelskirche schweifen lassen.

Die ersten Eindrücke sind gut: „Dieser Bau ist positiv für das Christentum in Stuttgart“, sagt ein älterer Degerlocher und vergleicht das neue Haus mit den modernen Bauten der Kirche in der Innenstadt, wie etwa dem neu gestalteten Hospitalhof: „Das alles sorgt für feste und stabile christliche Verhältnisse“, meint der Besucher. Auch Charlotte Riegger aus Degerloch ist begeistert: „Das Haus ist sehr schön, hell und freundlich“, sagt die Degerlocherin. Vor allem sei es an einem besseren Ort als das alte Gemeindehaus – nämlich direkt neben der Michaelskirche.

Bereits seit 2009 planen Vertreter der Gesamtkirchengemeinde an einem Umzug. Das bisherige Gemeindehaus an der Erwin-Bälz-Straße 62 hätte für mindestens zwei Millionen Euro renoviert und umgebaut werden müssen – und dazu kam, dass die Kirchenvertreter die Gemeindeaktivitäten schon länger an einem Ort zusammenführen wollten. „In der Vergangenheit war es so, dass jede Sekretärin aus der Michaels-, der Versöhnungs- und der Hoffeldgemeinde am Tag für vielleicht zwei Stunden erreichbar war. Künftig können sich die Menschen mit all ihren Anliegen an alle Sekretärinnen im neuen Gemeindehaus wenden“, sagt die Dekanin Kerstin Vogel-Hinrichs.

Der Enkel von Elly Heuss-Knapp war ebenfalls da

Das neue Gemeindehaus hat vier Etagen und ist insgesamt 783 Quadratmeter groß – gut 300 Quadratmeter kleiner als das bisherige Erwin-Bälz-Gemeindehaus. Beheimatet sind in dem Neubau neben dem Gemeindebüro auch die Kirchenpflege, das Waldheimbüro und die Kreisdiakonie. Zudem gibt es zwei Säle für Proben und Empfänge. Bei großen Veranstaltungen kann die Trennwand zwischen den Sälen geöffnet werden und Stühle für bis zu 160 Menschen aufgestellt werden. Kirchliche Gruppen und andere Initiativen sollen sich im sogenannten Raum der Begegnung treffen. Zudem gibt es eine Küche und einen Raum, dessen Nutzung noch völlig offen ist. Denkbar sind dort beispielsweise Yogastunden.

Besonders stolz ist Vogel-Hinrichs auf den Namen: Gemeindehaus Elly Heuss-Knapp; nach der Gründerin des Müttergenesungswerks und Ehefrau des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss. „Wir haben die Gemeindemitglieder aufgefordert, Namensvorschläge abzugeben und es gingen zwischen 70 und 80 Ideen bei uns ein“, sagt Vogel-Hinrichs. „Und umso mehr ich von Elly Heuss-Knapp gelesen habe, desto beeindruckter war ich.“ Auch der Enkel, Ludwig Theodor Heuss, habe so begeistert reagiert, dass er am Sonntag sogar zur Einweihung nach Degerloch kam.

Es gibt sehr viele Anfragen für die Nutzung

Insgesamt hat der Neubau die Gemeinde 4,45 Millionen Euro gekostet – 261 000 Euro mehr, als beim Baubeginn 2016 kalkuliert wurden. „Die 6,2 Prozent Mehrkosten sind vor allem in Bauvergaben begründet, im Brandschutz und den zwei Kirben, die am Agnes-Kneher-Platz während der Bauzeit stattfanden“, erläutert Peter Necker, der Vorsitzende des Immobilienausschusses der Gesamtkirchengemeinde.

Die Finanzierung stammt zu einem großen Teil aus dem Erlös des Verkaufs des alten Gemeindehauses, aus dem Vermögensgrundstock der Gesamtkirchengemeinde, aus Mitteln der Landeskirche, dem Kirchenkreis sowie aus zahlreichen Spenden. Allein die Helene-Pfleiderer-Stiftung etwa hat 100 000 Euro gespendet – mit der Bedingung, dass der Degerlocher Frauenkreis den Begegnungsraum in dem Gemeindehaus regelmäßig nutzen darf. Davon abgesehen ist noch nicht ganz klar, in welcher Form Vereine und Gruppen das Gemeindehaus künftig nutzen dürfen. „Wir haben bereits sehr viele Anfragen bekommen, aber wollen in diesem Jahr erst einmal alles testen“, sagt Vogel-Hinrichs.

In dem alten Gemeindehaus an der Erwin-Bälz-Straße entstehen unterdessen in den kommenden Monaten Wohnungen. Doch bevor die Bauarbeiter anrücken, werden die ausrangierten Gegenstände der evangelischen Gemeinde noch im Rahmen eines Flohmarkts verscherbelt: Dieser ist am Pfingstsamstag, 19. Mai, von 10 bis 12 Uhr an der Erwin-Bälz-Straße 62.