705 Abgeordnete hat das Europaparlament. Nach der nächsten Wahl könnten es elf mehr werden. Foto: dpa/Ronald Wittek

Die Zahl der Sitze hängt von der Größe eines Landes ab, das soll nun angeglichen werden. Doch nicht alle Abgeordneten sind mit der Entscheidung zufrieden.

Das Europaparlament wird vergrößert. Das zumindest ist der Wunsch der Abgeordneten. Vorausgegangen ist der Entscheidung allerdings ein zähes Ringen. Wochenlang war im zuständigen Ausschuss über die notwendige Anpassung der Sitzverteilung diskutiert worden. „Wir hätten ein Zeichen setzen und für eine geringfügige Verkleinerung stimmen können“, sagt der Grünen-Europaabgeordnete Niklas Nienaß, dafür habe es aber keine Mehrheit gegeben. Also soll das Parlament nach der Wahl 2024 nun elf Sitze mehr haben. „Es ist nicht unsere favorisierte Lösung”, betont Nienaß. „Aber wichtig ist, dass wir überhaupt eine Lösung haben.“

Die Zahl der Einwohner ändert sich

Die meisten Abgeordneten hätten wohl gerne den Status quo mit 705 Sitzen beibehalten, aber das EU-Recht zwingt zum Handeln. Denn wie viele Sitze ein Mitgliedstaat hat, hängt von dessen Einwohnerzahl ab. In manchen Ländern sind diese Zahlen in den vergangenen Jahren aber gestiegen, in anderen hingegen gesunken, was eine Anpassung notwendig macht. Vorgeschlagen wurde nun, zwei zusätzliche Sitze an Spanien und die Niederlande sowie einen an Österreich, Dänemark, Finnland, die Slowakei, Irland, Slowenien und Lettland zu vergeben.

Offensichtlich wollten Frankreich und Belgien auch mehr Sitze bekommen, was der Ausschuss allerdings ablehnte. Vor allem Deutschland und die Niederlande stemmten sich gegen eine Vergrößerung des Parlaments und wären wohl auch mit einer Verkleinerung einverstanden gewesen. Berlin hat ein Interesse daran, den aktuellen Zustand nicht weiter zu verändern. Der Grund: die Bundesrepublik hat mit 96 die maximale Zahl an Sitzen im Europaparlament. Weitere Sitze für andere Länder würden Deutschland proportional schwächen.

Eine Lösung, die keinem wehtut

Nun habe man sich für die Lösung entschieden, die „irgendwie keinem wehtut“, sagt Niklas Nienaß. Er hatte für die Grünen einen Vorschlag eingebracht, jenen Ländern Sitze zu streichen, die im Moment im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl zu viele haben. Davon betroffen gewesen wären Italien, Rumänien und Ungarn. Aber auch mit seinem Hinweis auf die geglückte Verkleinerung des deutschen Bundestages um 106 Sitze stieß er auf taube Ohren. „Jeder Abgeordnete kostet Steuergeld – und ehrlich gesagt, wäre die Arbeitsfähigkeit dieses Parlaments auch mit elf Sitzen weniger noch gesichert“, betont der Grünen-Politiker.

Die EU-Staaten müssen noch zustimmen

Der Entscheidung des Parlaments müssen nun allerdings noch die EU-Mitgliedstaaten zustimmen. Wegen der geforderten Einstimmigkeit gilt die aber nicht als sicher. Das hätte zur Folge, dass die Zahl der Sitze vorerst bei 705 bleiben würde. Das würde aber auch bedeuten, dass das Parlament gegen die eigenen Regeln der degressiven Proportionalität verstoßen würde. In den Augen von Niklas Nienaß ist das eine absurde Situation, dass manche Staaten lieber das Recht beugen, als auf einen einzigen Sitz im Parlament zu verzichten.