Jürgen Hofer bei seiner Ankunft im Stuttgarter Westen. Foto: stay/Hofer

In zwei Monaten hat Jürgen Hofer als #stayrider mit dem Rad Europa umrundet, Spendengelder gesammelt und massenhaft Schokoriegel verdrückt.

Die Radwelt schaut in diesen Tagen auf die Tour de France. Als Anfang Juli der Startschuss zum berühmtesten Radrennen der Welt in Dänemark fiel, beendete ein Mann in Stuttgart eine Tour, die auch den besten Radfahrern der Welt Respekt einflößen dürfte.

Nach einer zwei Monate dauernden Europaumrundung war Jürgen Hofer zurück – und mit zehn Kilo weniger angekommen, als der ohnehin drahtige 1,90-Meter-Mann beim Start im Stuttgarter Westen auf den Rippen gehabt hat. Und das, obwohl er jeden Tag 20 bis 30 Schokoriegel verdrückte. Meist saß er mampfend im Sattel, denn um auf einen Tagesschnitt von 235 Kilometer zu kommen, musste er sich ranhalten. „Ich habe 12 000 Kalorien am Tag verbrannt“, schätzt Hofer, der im Netz als #stayrider unterwegs war. Ein Tour-de-France-Profi kommt auf 8000 Kalorien und hat, anders als Hofer, Begleitfahrzeuge an der Seite.

Bei seinem 14 500-Kilometer-Trip durch 26 Länder hat der gebürtige Österreicher nicht nur allerhand gesehen, oft ist er auch an seine Grenzen gelangt. Etwa bei mehr als 45 Grad auf dem dünn besiedelten spanischen Festland, wo Wasser zur Mangelware wird. Oder im siedendheißen Osten Europas. „Wo Tiere Wasser getrunken haben“, erzählt der Ausdauersportler, „hab ich auch getrunken, einmal mit Ziegen aus einem Trog.“ Die Tiere dürfte es kaum gestört haben.

Latente Angst vor Hunden

Andere Tiere waren da unangenehmer. Wobei die wild lebenden Hunde in Rumänien vergleichsweise harmlos gewesen seien. Die verwahrlosten Tiere seien meist mit sich selbst beschäftigt, meint Hofer, „die konnte ich mit der Zeit einschätzen“. Am schlimmsten seien scharfe Hütehunde gewesen. „Die latente Angst vor den Tieren zehrt an den Nerven.“ Nicht zu verachten sind auch Lastwagenfahrer, für die ein einsamer Radler auf den hundsmiserablen Straßen von Rumänien oder Bulgarien kein ernst zu nehmender Verkehrsteilnehmer ist. Ihm sei klar gewesen, dass es körperlich schwieriger werden würde, meint Hofer. „Aber für den Kopf war es noch schwieriger.“

Doch der ehemalige Banker hat auf seiner Gewalttour auch Radparadiese entdeckt. Nordmazedonien und Albanien seien traumhaft gewesen, sagt er. Erstklassige Straßen, rücksichtsvolle Menschen, großartige Landschaft. Ausgezahlt hat sich der Gewalttrip des Ausdauerathleten auch auf andere Weise. Für seinen Arbeitgeber, die Stuttgarter Stiftung Stay, die mit lokalen Partnern Entwicklungsprojekte in Ostafrika fördert, kamen durch die Tour jetzt schon rund 135 000 Euro zusammen. „Wir wollen damit 1000 ugandischen Kleinbauern helfen“, sagt Benjamin Wolf, Gründer und Geschäftsführer von Stay. „Die Leute werden im Getreideanbau, in der Imkerei und in der Forstwirtschaft geschult.“ Hilfe zur Selbsthilfe, so könnte man das Credo der Organisation beschreiben.

150 000 Euro sind das Ziel

Gleich nach der Tour hat Radsportler Hofer erst mal Urlaub gemacht. „Neun Tage lang habe ich gar keinen Sport getrieben. Das gab es bei mir noch nie.“ Aber derzeit läuft er bereits wieder zu Hochtouren auf, gibt jede Menge Zeitung-, Rundfunk- und TV-Interviews, um im Nachklang seiner PR-Tour noch auf 150 000 Euro für Stay zu kommen.

Wichtig sind dem Mann mit dem langen Atem noch zwei Dinge: Seinen Trip habe er aus eigener Tasche bezahlt. Und wenn er dabei auch durch „die Hinterhöfe Europas“ gekommen sei und nicht nur Schönes gesehen habe: „Bei uns verhungern keine Menschen.“ Letztlich sei es ein großes Glück, auf diesem Kontinent geboren worden zu sein.