Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu (vorne) trifft beim Treffen in Brüssel ein. Foto: AP

Vor dem geplanten Pakt mit der Türkei gibt es nun eine gemeinsame europäische Linie in der Flüchtlingsfrage. Was wird Davutoglu am Freitag zu dem Vorschlag sagen?

Brüssel - Die 28 Staats- und Regierungschefs der EU wollen die Türkei an diesem Freitag von ihrem Vorschlag für ein Flüchtlingsabkommen überzeugen. EU-Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und der niederländische Regierungschef Mark Rutte treffen sich am Vormittag in Brüssel mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu, um diesem die gemeinsame Position der Europäischen Union näherzubringen. Im Idealfall soll am Freitag ein umfangreiches Abkommen stehen.

Einigung am späten Donnerstagabend

Auf die gemeinsame Linie hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Amtskollegen am späten Donnerstagabend geeinigt. Bei den abendlichen Gesprächen wurde versichert, dass der Entwurf für den Flüchtlingspakt keine Massenabschiebungen zur Folge habe. Meinungsunterschiede über zusätzliche Anreize an die Türkei im Gegenzug für die Hilfe wurden bei den Gesprächen offenbar weitgehend überbrückt. Sollte Davutoglu den Vorschlag ablehnen, kämen die Staats- und Regierungschefs nochmals zusammen, um ihre Position zu überarbeiten.

„Die 28 (EU-Mitgliedsstaaten) haben sich auf einen Vorschlag geeinigt“, sagte der französische Staatspräsident François Hollande nach dem ersten der beiden Gipfeltage. „Es war spät am Abend, aber es ist vollbracht.“

Rutte sagte, das Erreichen der Einigung sei alles andere als einfach gewesen. „Es ist ein komplizierter Prozess“, sagte er. „Ich denke, wir können hieraus einen Deal erreichen, wir müssen hieraus einen Deal erreichen. Aber das Rennen ist noch nicht wirklich beendet.“

Türkei soll Hilfsgelder bekommen

Bei dem Plan geht es um das Zurückschicken Zehntausender illegal nach Griechenland eingereister Flüchtlinge und Migranten in die Türkei. Die EU soll genauso viele syrische Flüchtlinge auf legalem Weg aus der Türkei einreisen lassen, wie sie Menschen zurückschickt, die keine Aussicht auf Asyl haben. Insgesamt sollen so 72 000 syrische Flüchtlinge in die EU gelangen. Diese sollen dann unter den Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden.

Im Gegenzug wird die EU der Türkei bis zu sechs Milliarden Euro an Hilfsgeldern zahlen, die Visumpflicht für türkische Staatsbürger lockern und Entwicklungen bei den EU-Beitrittsverhandlungen beschleunigen. In der Türkei befinden sich derzeit rund 2,7 Millionen syrische Flüchtlinge.

Belgiens Regierungschef Charles Michel blieb auch nach dem Ende des ersten Gipfeltages skeptisch. „Eine Einigung darf kein Blankoscheck sein“, sagte er. „Ein Abkommen ist möglich, aber keine Gewissheit.“