Airlines dürfen ihre Piloten nicht zwangsweise mit 60 Jahren in den Ruhestand schicken.

Luxemburg - Fluggesellschaften dürfen nach einem EU-Urteil ihre Piloten nicht zwangsweise mit 60 Jahren in den Ruhestand schicken. Die bei der Lufthansa gültige Altersgrenze sei eine Diskriminierung und verstoße gegen europäisches Recht.

Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag in Luxemburg. Nun müssen die größte deutsche Airline und die Pilotengewerkschaft Cockpit den Tarifvertrag für 4200 Piloten entsprechend ändern. Das Musterurteil könnte auch Altersgrenzen anderer Berufsgruppen infrage stellen.

Drei Lufthansapiloten hatten geklagt

Laut geltendem Recht können Berufspiloten bis 65 Jahre aktiv sein - diese Altersgrenze stellt der EuGH nicht infrage. Nach Ansicht des Gerichts ist ein Verbot mit 60 Jahren aber "unverhältnismäßig" und "für den Schutz der öffentlichen Sicherheit und der Gesundheit nicht notwendig". Zudem seien für Pilotenlizenzen ohnehin regelmäßig medizinische und technische Checks vorgeschrieben. International gilt die Vorgabe: Hat ein Pilot die 60 überschritten, darf er noch fünf Jahre in Passagiermaschinen weiterfliegen, wenn außerdem ein Pilot unter 60 im Cockpit sitzt.

Geklagt hatten drei Piloten der Lufthansa, deren Arbeitsverträge nach Tarifvertrag zum 60. Geburtstag automatisch endeten. Wegen des Urteils kündigte die Lufthansa an, man werde sich mit der Vereinigung Cockpit (VC) zusammensetzen und nach neuen Lösungen suchen. Ein Großteil der Piloten sei bislang mit der tariflichen Regelung einer Altersgrenze mit 60 Jahren plus Rentenübergangsregelung aber zufrieden gewesen, sagte ein Unternehmenssprecher. Unmittelbare Folgen gebe es nicht, weil das Bundesarbeitsgericht die Vorgaben erst in nationales Recht umsetzen müsse.

Pilotengewerkschaft zeigt sich enttäuscht

Die Pilotengewerkschaft zeigte sich von dem Urteil enttäuscht - sie hatte bislang Forderungen nach einem späteren Ruhestandsbeginn stets mit dem Argument der Sicherheitsrisiken zurückgewiesen. Es gebe gewichtige Gründe für eine Altersgrenze von 60 Jahren, sagte Gewerkschaftssprecher Jörg Handwerg der Nachrichtenagentur dpa in Frankfurt. Er verwies auf die extremen Belastungen im Schichtdienst und bei interkontinentalen Flügen.

Kläger argumentierten , sie würden wegen ihres Alters benachteiligt

Der Anwalt der drei Kläger, Ekkehard Helmig, sprach von einer "grundlegenden Entscheidung". Er vertrete 75 Piloten in ähnlichen Fällen und werde nun mit deren Arbeitgeber Lufthansa und Condor Einzelfalllösungen suchen, sagte er der dpa.

In dem Prozess argumentierten die Kläger, sie würden wegen ihres Alters benachteiligt. Sie wehrten sich erstmals auf Basis des neuen Antidiskriminierungsgesetzes gerichtlich gegen ihren erzwungen Ruhestand. Die Richter sahen das ebenso: Das Gleichbehandlungsgesetz verbiete jede Diskriminierung im Berufsleben - zum Beispiel wegen des Alters. Zwar könne der Einsatz von Piloten beschränkt werden, da ihr Beruf altersabhängige körperliche Fähigkeiten erfordere, aber diese Ungleichbehandlung müsse sich in Grenzen halten.

Leiterin der Antidiskriminierungsstelle begrüßt Urteil

Die drei Piloten verwiesen darauf, dass regelmäßige ärztliche Untersuchungen die Gefahr minimierten, während eines Fluges akut zu erkranken. Daher seien ältere Piloten nicht grundsätzlich als Sicherheitsrisiko anzusehen. Außerdem dürften Piloten bei der Lufthansa-Tochter CityLine sehr wohl bis 65 fliegen - etwa bei kürzeren Inlandsflügen. Das Bundesarbeitsgericht hatte den Fall an das oberste europäische Gericht verwiesen und muss nun neu entscheiden.

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, begrüßte die Entscheidung. "Diese Entscheidung sollten wir zum Anlass nehmen, Altersgrenzen in Tarifverträgen kritisch zu prüfen", sagte Lüders. "Der an das Alter geknüpfte Zwang zum Aufhören ist nicht mehr zeitgemäß."