Ein Stand auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt ist wegen Personalmangels temporär geschlossen – das gab es noch nie. Foto: Roberto Bulgrin

Die gemütliche Kulisse des Esslinger Weihnachtsmarkts kann darüber hinwegtäuschen, dass die Branche gebeutelt ist. Corona-Folgen, Inflation und Personalmangel machen den Marktleuten zu schaffen – und auch die Stadt muss schauen, wie sie ihre Kosten deckt.

Leuchtende Buden, bunte Auslagen, duftende Köstlichkeiten: Mit seinem heimeligen Ambiente lockt der Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt jedes Jahr rund eine Million Menschen in die Altstadt. Doch so entspannt und fröhlich es zwischen den weihnachtlichen Hütten auch zugeht, so hart ist das Geschäft hinter den Kulissen. Die Folgen der Corona-Pandemie, Inflation und Personalmangel setzen der Veranstaltungsbranche zu – und auch die Stadt mit ihrer Marktgesellschaft als Veranstalterin erwirtschaftet nicht mehr die Deckungsbeiträge, die sie vor der Pandemie erzielte.

 

Das sorgte jüngst auch für Diskussionen unter den Stadträten. In der Sitzung des Verwaltungsausschusses stellte etwa Jörg Zoller (Freie Wähler) klar, dass aus seiner Sicht der Weihnachtsmarkt ebenso wie das Sommerfest Estival für die Stadt kostendeckend sein sollten. Martin Auerbach (Linke) und die FDP-Fraktionschefin Rena Farquhar hingegen betonten die große Bedeutung der Events für die Stadt: „Wenn wir weiterhin einen Weihnachtsmarkt und ein Sommerfest haben wollen, müssen wir bei den Kosten jetzt ein Auge zudrücken“, so Farquhar.

Schwierige Lage im Veranstaltungsgeschäft

Tatsächlich ist die Lage im Veranstaltungsgeschäft offenbar schwierig. Die Inflation in der Branche liege seit 2020 bei etwa 45 Prozent, berichtet Michael Metzler, Geschäftsführer der Esslinger Markt und Eventgesellschaft (EME), die unter anderem den Mittelalter- und Weihnachtsmarkt veranstaltet. „Wir haben mit wahnsinnigen Kostenexplosionen zu kämpfen, die wir aber nicht eins zu eins auf die Gastronomen und Marktbeschicker umlegen können.“ Denn diese seien von der Pandemie geschwächt und hätten selbst mit Inflation und Personalmangel zu kämpfen. Der Weihnachtsmarktstand „Perlkönig“ auf dem Marktplatz habe wegen krankheitsbedingten Ausfällen und fehlendem Ersatzpersonal gar temporär geschlossen – solch einen Fall gab es laut Metzler noch nie.

Für die Events der EME werde kein Eintritt verlangt, das sei also auch kein Hebel, um inflationsbedingte Mehrkosten auszugleichen, so Metzler. Zugleich solle die Qualität der Veranstaltungen hoch bleiben. Daher habe man für den Doppelhaushalt 2024/2025 einen Zuschuss von 200 000 Euro beantragt – in den Jahren 2022 und 2023 habe der Zuschuss bei 140 000 Euro gelegen. Darin enthalten seien alle Events und Kosten inklusive Personal und sonstigen betrieblichen Aufwendungen, die benötigt würden, um den laufenden Betrieb der EME aufrecht zu erhalten.

Auch aus Ludwigsburg heißt es, dass beim alljährlich stattfindenden Barockweihnachtsmarkt in den vergangenen Jahren die Ausgaben stärker gestiegen seien als man durch Gebührenerhöhungen hätte auffangen können. Gründe dafür seien insbesondere die höheren Kosten für Sicherheitsvorkehrungen, Gema-Gebühren sowie Preissteigerungen bei Energie und Dienstleistungen. Eine Entspannung sei nicht zu erwarten, glaubt Mario Kreh, Geschäftsführer von Tourismus und Events Ludwigsburg. „Dennoch rechnen wir damit, dass wir den Ludwigsburger Barockweihnachtsmarkt weiterhin kostendeckend gestalten können“, so Kreh. Auch in Stuttgart hofft man auf Kostendeckung beim diesjährigen Weihnachtsmarkt. Unabhängig davon seien aber die Nebeneffekte der Märkte nicht zu vernachlässigen, heißt es aus beiden Städten. Sie zögen sehr viele Besucher aus der Region, darüber hinaus und sogar aus dem Ausland an und holten damit Kaufkraft in die City.

Weihnachtsmarkt als Konjunkturprogramm

Das betont man auch in Esslingen. „Der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt ist ein Konjunkturprogramm für die Stadt“, betont Michael Metzler. Aus der Marktforschung wisse man, dass der Markt jedes Jahr rund 35 Millionen Euro Kaufkraft in die Stadt trage. Denn viele Besucherinnen und Besucher verbänden ihren Aufenthalt mit einem Besuch in der Esslinger Gastronomie, einem Einkauf im lokalen Einzelhandel oder mit einer Übernachtung in der Stadt. Auch Dienstleister wie Parkhausbetreiber oder Taxiunternehmen profitierten mit. Hinzu komme, dass viele Marktgastronomen ihre Grundstoffe und Zutaten bei Metzgern, Bäckern und Lebensmittelhändlern in Esslingen einkauften und viele Standbetreiber örtliche Handwerker, Logistiker und Architekten mit den Arbeiten an ihren Ständen beauftragten. Zudem seien viele auswärtige Beschicker, Künstler und Handwerker in Esslinger Hotels oder Ferienwohnungen untergebracht.

Neben zusätzlichen Steuereinnahmen bringe der Mittelalter- und Weihnachtsmarkt der Stadt auch eine unbezahlbare Standortwerbung, betont Metzler. Der Markt mache Esslingen national und international bekannt, fördere das Image und mache die Stadt auch für Unternehmen und Beschäftigte attraktiver – und für den Tourismus. Denn viele Menschen lernten Esslingen über den Weihnachtsmarkt kennen und kämen dann unterm Jahr wieder.

Gleiche Standgebühren, höhere Schankgebühren

Gebühren
 Die Esslinger Markt und Eventgesellschaft als Veranstalterin des Mittelalter- und Weihnachtsmarkts hat laut Geschäftsführer Michael Metzler die Standgebühren in diesem Jahr nicht erhöht, weil der Markt drei Tage kürzer laufe als im vergangenen Jahr. Die Ausschankgebühren hingegen haben sich nach Angaben aus dem Ordnungsamt aufgrund einer Gemeinderatsentscheidung im Vergleich zum Vorjahr um rund 20 Prozent erhöht.

Zwischenbilanz
 Die Geschäfte auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt laufen laut Metzler bislang gut. Das Feedback der Beschicker sei trotz verregneter Tage positiv und die Besucherzahlen ordentlich.

Stuttgart
Auch in der Landeshauptstadt spricht man von besonderen Herausforderungen für den Weihnachtsmarkt seit Corona – etwa weil einige Händler sich aus dem Geschäft verabschiedet hätten. Man strebe aber stets eine Kostendeckung für den Weihnachtsmarkt an und gehe davon aus, diese auch dieses Jahr zu erreichen.