Die Villa Merkel ist Schauplatz für die Kunst von Typografen und Grafikern. Foto: Horst Rudel

Die Ausstellung des Kunstvereins Esslingen stellt Bezüge her zwischen freier und angewandter Kunst. In der Villa Merkel sind Werke bekannter regionaler Grafikdesigner und Typografen zu sehen.

Esslingen - Otl Aicher können wir gerade noch für uns reklamieren“, sagt Christian Gögger über den Designer und Mitbegründer der Ulmer Hochschule für Gestaltung. „Ansonsten ist es einfach unglaublich, in welcher Dichte hier im Raum Stuttgart bedeutende Typografen und Grafikdesigner vertreten sind.“ Daraus hat der Leiter des Esslinger Kunstvereins nun in der Villa Merkel eine Ausstellung gemacht.

Die drei großen Namen sind weithin bekannt. Von Anton Stankowski liegt eine drei mal drei Meter große Plastik auf dem Boden, die aus dem abgerissenen Bau der Esslinger Kreissparkasse stammt. An der Wand hängen 23 Blätter seiner Gestaltungslehre aus den Jahren 1928 bis 1930. Auf einem anonymen Foto spickt er in das Atelier von Willi Baumeister, der seinerseits an der Frankfurter Städelschule Gebrauchsgrafik und Typografie unterrichtete. Er entwarf unter anderem das Plakat für die Ausstellung „Wie wohnen“, anlässlich derer die Weißenhofsiedlung entstand, und schon drei Jahre zuvor eine in der Ausstellung nachgebildete Wandarbeit für die vorangegangene Werkbundausstellung im Stuttgarter Bahnhofsvorfeld. Kurt Weidemann wiederum, der in einer eindrucksvollen Gegenlichtaufnahme von Dietmar Henneke von der Wand herab zuschaut, erklärt in einem Video von Ulrich Bernhardt, wie er die Typografie des Daimler-Konzerns und die Logos der Deutschen Bahn und der früheren Lebensmittel-Genossenschaft Coop entwickelt hat.

Gäfgen unterrichtete an der Stuttgarter Akademie

Es war Karl Gäfgen, der bei Baumeister am Städel studiert hat, der Weidemann als Schriftsetzer in Lübeck entdeckte und in den Südwesten holte. Sein Sohn Wolfgang Gäfgen, der heute in Esslingen lebt, unterrichtete an der Stuttgarter Akademie. Neben großformatigen Zeichnungen und Holzschnitten sind von ihm kontrastreiche Schwarz-Weiß-Fotos zu sehen. Hans-Peter Hoch, der in Baltmannsweiler gelebt hat, war lange für den Auftritt des Instituts für Auslandsbeziehungen zuständig. Aus geometrischen Elementen entwickelte er dynamische Plakate, etwa für die Leichtathletik-Europameisterschaft 1986 in Stuttgart. Auch für eine Ausstellung von Franz Erhard Walther hat er geworben, der seinerseits – wie seinem handgeschriebenen und -gezeichneten Roman „Sternenstaub“ zu entnehmen – der Typografie wesentliche Anregungen verdankt. Frieder Grindler, an dessen SDR-Fernsehpausenbild mit den tschilpenden Vögeln sich der eine oder anderen erinnern dürfte, hat auch viele Plakate für die Württembergische Landesbühne entworfen.

Rolf Garnich, 1929 in Esslingen geboren und im Hauptberuf Produktdesigner, hat bei Max Bense in Ulm promoviert. Von präzisen Algorithmen ausgehend, entwirft er konstruktive Bildwelten an der Grenze zwischen Mathematik, Weltbild und Kunst.

Eine Plakatserie von Andreas Uebele

Der aus Denkendorf stammende Chris Rehberger betreibt in Berlin die Agentur „Double Standards“ und das Techno-Label „Perlon“. Auf einem weißen Teppichboden kommt seine Philosophie des Samplings und der Rekombination bestens zur Geltung. Stuttgarter ist Andreas Uebele, von dem neben eigenen Arbeiten eine Plakatserie aus schlichten Satzfragmenten ausgestellt ist, die er als Stipendiat der Villa Massimo in Rom mit der Konzeptkünstlerin Karin Sander entwarf. Ebenso die Designerin der ECM-Schallplattencover, Barbara Wojirsch. Und natürlich darf auch Karl Duschek, der langjährige Partner Stankowskis nicht fehlen, dessen Zeitschrift „eins und . . .“ zum Durchblättern ausliegt.