Das Motto der neuartigen Teams lautet: „Play fair, bei aware“. Foto: /privat

In weißen T-Shirts sind sie unterwegs, tragen rote Herzen auf dem Rücken, halten Ausschau nach Hilfesuchenden und können gerufen werden, wenn’s brenzlig wird: Bei den Hip-Hop Open sind erstmals Awareness-Teams im Einsatz.

Vor einiger Zeit kannten nur wenige Menschen in Stuttgart den Begriff Awareness. Jetzt gehört er zu jedem Festival dazu. Bei den Hip-Hop Open vom kommenden Freitag bis Sonntag auf dem Cannstatter Wasen haben die ganz besonderen Helferinnen und Helfer, die im Club Wizemann geschult worden sind, ihren ersten Einsatz. Auch bei den weiteren Konzerten von Deichkind (4. August), Cro (5. August) und AnneMayKantereit (12. August) auf dem selben Platz werden die Teams, die am weißen T-Shirt mit rotem Herz auf dem Rücken zu erkennen sind, ihre Runden drehen. „Wir sind keine Security“, stellt Remzi Rejeb, der Leiter für das neue Awareness-Angebot des Veranstalters Chimperator, klar, „wir sind dafür da, dass es allen gut geht.“

„Jeder Mensch hat andere Grenzen“

Der Begriff Awareness bedeutet Bewusstsein oder Wahrnehmung. Auf den Zelten, die auf dem Wasen aufgebaut werden, steht: „Play fair, be aware.“ Auf Fairness kommt es also an. Die Awareness-Stationen bieten sogenannte Safe Spaces, wo man sich zurückziehen kann, wenn man sich nicht gut fühlt, ob es nun Panikattacken in der Enge vor der Bühne sind oder ob man sexualisierte Übergriffe ertragen musste. Kein Fall gleicht dem anderen, wissen die Teams, die pro Schicht mit 15 Leuten unterwegs sind. „Jeder Mensch hat andere Grenzen und legt diese für sich selbst fest“, sagt Rremzi Rejeb.

Rammstein, die nach Vorwürfen von Besucherinnen in der Kritik stehen, haben dafür gesorgt, dass der Begriff Awareness quer durch die Republik bekannt geworden ist. Denn zu dem Verbot der Row-Zero-Zonen forderten Behörden in München oder Berlin, dass ein Konzert der harten deutschen Band nur erlaubt wird, wenn Awareness-Teams dabei sind. „Uns würde es auch ohne Rammstein geben“, betont Rejeb. Die Pläne dafür seien viel früher entstanden. Die Vorwürfe gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann haben die Debatte um besseren Schutz für Frauen auf Konzerten und Partys allerdings gefördert.

Diskriminierung wird nicht geduldet

Um was es den neuen Teams geht, wird auf der Homepage der Hip-Hop Open so beschrieben: „Behandle alle Menschen gleich und mache keine Unterschiede aufgrund Herkunft, Aussehen, Glaube, Behinderung, sexueller Orientierung oder Geschlecht.“ Das Credo lautet: „Wir dulden keine Diskriminierung, physische oder psychische Gewalt. Diskriminierendes Verhalten, Aussagen, Symbole oder Tattoos sind inakzeptabel und können zum Ausschluss der Veranstaltung führen.“

Wo fängt übergriffiges Verhalten an? „Das kann bei jedem und bei jeder anders sein“, erklärt der Teamleiter Reijeb. Viel Fingerspitzengefühl ist also gefragt. Im Club Wizemann haben die Teams nach der Theorie schon mal die Praxis getestet. „Wir hatten dort bisher zum Glück keine Übergriffe“, berichtet Rejeb. Auf dem Wasen ist alles nun anders, viel größer. Bei Cro werden 25.000 Menschen erwartet. Das Konzert ist ausverkauft. Entspannt, friedlich, zufrieden – so sollen alle die Wasenfestivals erleben. Das Angebot soll sich „weiterentwickeln“, sagt der Teamleiter und zur festen Einrichtung werden.

Wo geht es nach Panama?

Die Frage „Wo geht es nach Panama?“ gilt auf vielen deutschen Festivals als Hilferuf. Auch die Teams in Stuttgart wissen, was zu tun, wenn sie diese fünf Worte hören. Die Veranstalter investierten in diesen neue Angebote, um ihre Konzerte sicher zu machen, damit keiner oder keine Angst haben muss, eine Großveranstaltung zu besuchen.