Jerome Boateng muss seinen Platz in der Nationalmannschaft räumen. Foto: dpa

Jerome Boateng ist der nächste Kandidat, der Joachim Löws Erneuerung des DFB-Teams weichen muss. Der Bundestrainer verzichtet zum Jahresabschluss auf den langjährigen Abwehrchef.

Frankfurt/Main - Paukenschlag durch Joachim Löw: Der Bundestrainer hat mit Jerome Boateng einen weiteren Weltmeister von 2014 vorerst aussortiert und plant zunächst ohne seinen langjährigen Abwehrchef. Boateng fehlt überraschend in Löws 24-köpfigem Aufgebot für den Abschluss des schwächsten Länderspieljahres der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. Er sei überzeugt, dass Boateng „aktuell eine Pause gut tut“, sagte Löw vor den Duellen mit Russland am 15. November in Leipzig (20.45 Uhr/RTL) und vier Tage darauf in der Nations League mit dem Erzrivalen Niederlande (20.45 Uhr/ARD) in Gelsenkirchen: „Ich habe ihm gesagt, dass wir auch auf seiner Position viele Alternativen haben, gerade mit jüngeren Spielern.“

 

Das klingt nach einem Abschied für immer, jedoch schob Löw einen Satz nach, der eine Rückholaktion ermöglicht. Die Youngster müssten „natürlich erst mal beweisen, dass sie an das Niveau von Jerome herankommen können“. Boateng berichtete von einem „sehr guten und vertrauensvollen Gespräch“ mit Löw. Er bekomme „nach einem anstrengenden Jahr (...) eine Pause, um in München weiter an meiner Fitness zu arbeiten“ und wünsche „meiner Mannschaft“ alles Gute. Seinen Twitter-Eintrag beschloss er mit den Worten: „Danke an den Bundestrainer!“

Auf Sami Khedira folgt Jerome Boateng

Bayern-Trainer Niko Kovac nannte die Nichtberücksichtigung seines Spielers „ein Novum, aber das heißt nicht, dass er in Zukunft nicht wieder dabei sein wird“. Ähnlich hatte sich Löw geäußert, als er als Konsequenz aus dem WM-Desaster beim Neubeginn im Spätsommer Sami Khedira aussortierte. Kovac betonte jedoch: „Ich sehe es nicht so, dass es das Ende für Jerome in der Nationalmannschaft ist.“ Boateng bestritt 76 Länderspiele (ein Tor), das bislang letzte beim 0:3 gegen die Niederlande am 13. Oktober in Amsterdam. Das folgende 1:2 bei Weltmeister Frankreich, die sechste Pleite für die DFB-Auswahl in diesem schwarzen Jahr, hatte er angeschlagen verpasst. Er habe seine Weltmeister nach dem WM-Debakel „nicht einfach so fallen lassen“ wollen, sagte Löw. Doch nach Amsterdam „war klar, dass es weitere Veränderungen geben muss. Die Mannschaft brauchte Reize, die ich setzen musste.“

Das tat er bereits mit einigen Jungen in Frankreich - und tut es nun erneut. Dennoch verzichtete er darauf, für Boateng einen weiteren Neuling zu nominieren. Toni Kroos (Real Madrid) wird erst zum Duell mit Oranje zur Mannschaft stoßen, wenn es möglicherweise noch um den Abstieg aus der Nationenliga geht. „Natürlich wollen wir alles tun, um in der Liga A zu bleiben, aber wir haben es nicht mehr allein in der Hand“, sagte Löw. Nur falls Oranje am 16. November gegen Weltmeister Frankreich nicht gewinnt, könnte die DFB-Auswahl den Absturz mit einem hohen Sieg abwenden.

Thomas Müller bekommt Bewährungschance

Anders als Boateng bekommt dessen Klubkollege Thomas Müller eine weitere Bewährungschance, vielleicht die letzte. „Er ist ein Energiegeber und identifiziert sich unheimlich mit der Nationalmannschaft, für die er viel tut. Deshalb ist er dabei“, sagte Löw: „Aber natürlich muss auch er sich dem Konkurrenzkampf stellen, das weiß er.“ Löws wichtigstes Ziel ist die EM 2020, „bis dahin wollen wir wieder eine schlagkräftige Mannschaft auf dem Feld haben“, sagte er: „Ich bin ganz sicher, dass es bis 2020 noch viele Veränderungen geben wird, aber eben wohl dosiert und Schritt für Schritt und nicht überhastet. Dazu besteht überhaupt kein Anlass.“ Torhüter Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona) ist ein Mann der Zukunft, wird aber wegen Schulterproblemen geschont. Ilkay Gündogan (Manchester City) fehlt nach überstandener Oberschenkelverletzung noch.

Wieder dabei nach Pausen im Oktober sind am Montag beim Treffen in Leipzig Dortmunds Kapitän Marco Reus, Antonio Rüdiger (FC Chelsea), Leon Goretzka (Bayern München) und Kai Havertz (Bayer Leverkusen). „Natürlich erwarte ich, dass wir uns nach einem schlechten Jahr mit zwei guten Spielen von unseren Fans verabschieden“, sagte Löw.