Eine Frau dreht am Thermostat einer Heizung. Mit der geplanten Rückkehr des alten Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas müssen sich Verbraucherinnen und Verbraucher wieder auf teurere Heizkosten einstellen. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Ohne Erdgas geht in Deutschland gar nichts. Industrie und Landwirtschaft, Privathaushalte und Kommunen sind immer noch extrem abhängig von dem fossilen Brennstoff.

Nach Mineralöl ist Erdgas der zweitwichtigste Energieträger im Deutschland Das brennbare, natürliche Gasgemisch lagert unterirdisch und kommt häufig zusammen mit Erdöl vor, da beide auf ähnliche Weise entstehen.

Gas dient zur Stromerzeugung, als Treibstoff für Schiffe und Kraftfahrzeuge oder als Wärmelieferant. Rund die Hälfte der deutschen Haushalte nutzt Erdgas, um den Wärmebedarf zu decken.

Chemische Zusammensetzung

Das Stoffgemisch ist ungiftig, farb- und geruchlos und besteht vor allem aus dem Treibhausgas Methan (CH4), das neben Kohlenstoffdioxid (CO2) erheblich zur Erderwärmung beiträgt – auch wenn Erdgas im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern wie Kohle oder Erdöl nach Angaben der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina eine bessere Klimabilanz aufweist.

Verbrauch in Deutschland

  • Dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung zufolge lag der Verbrauch 2020 bei rund 86,8 Milliarden Kubikmetern. Wichtigste Abnehmer waren Haushalte und Industrie mit jeweils 29 Prozent sowie der Energiesektor (28 Prozent).
  • Da die heimische Förderung nur einen kleinen Teil des Gesamtverbrauchs ausmacht, importierte Deutschland 2021 rund 95 Prozent – vor allem aus Russland, Norwegen und den Niederlanden.
  • Deutschland hat im Jahr 2023 nach vorläufigen Zahlen der Bundesnetzagetur insgesamt 968 TWh (2022: 1.437 TWh) Erdgas importiert. Die größten Mengen kamen aus Norwegen (43 Prozent), den Niederlanden (26 Prozent) und Belgien (22 Prozent). Zur Info:TWh ist die Abkürzung für  Terrawattstunde, eine Maßeinheit für Energie. 1 TWh entspricht 1 Milliarde Kilowattstunden (kWh) bzw. 1 Billion Wattstunden.
  • Bereits im Dezember 2022 hat das Flüssiggasterminal in Wilhelmshaven als erstes deutsches Terminal den Betrieb aufgenommen. Es folgten dann die Terminals in Lubmin im Januar 2023 und Brunsbüttel im März 2023. Das LNG-Terminal in Stade ist als viertes deutsches Terminal noch im Dezember 2023 in Betrieb gegangen. Die ersten Gasflüsse werden dort im Februar 2024 erwartet.
  • Im Jahr 2023 wurden insgeamt 69.656 GWh Erdgas über deutsche LNG-Terminals nach Deutschland importiert. Dies entspricht einem Anteil von 7 Prozent an den gesamten deutschen Gasimporten. Zur Info: GWh ist die Abkürzung für Gigawattstunde, eine Maßeinheit für Energie. 1 Gigawattstunde entspricht 1 Milliarde Wattstunden oder 1 Million Kilowattstunden. Die Leistung großer Elektrizitätswerke oder von Energieimporten wird häufig in Gigawattstunden angegeben.

Pipelines sichern Versorgung

Wichtigste Verbindung für russisches Erdgas war bis zum Ukrainekrieg die 1224 Kilometer lange, Ende 2011 in Betrieb genommene Pipeline Nord Stream, die durch die Ostsee nach Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) führt. Das Genehmigungsverfahren für die parallel verlaufende Leitung Nord Stream 2 hatte Berlin kurz vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine auf Eis gelegt.

Norwegen liefert sein Erdgas per Pipeline durch die Nordsee.

Große Abhängigkeit von Importen

Deutschland ist bei der Energieversorgung sehr stark abhängig von anderen europäischen Ländern. Wenn es wirklich eng wird und die Notfallstufe im Notfallplan Gas erreicht ist, dann sollen sich Deutschland und seine Nachbarstaaten nach europäischem Recht auch untereinander aushelfen.

Für den Fall von weniger gravierenden Engpässen hat Deutschland auch so genannte Solidaritätsabkommen mit Dänemark und Österreich. Diese regeln Details, damit Deutschland mit diesen Ländern schnell und unkompliziert Gas austauschen kann. Zum Abschluss solcher Solidaritätsverträge sind die EU-Staaten eigentlich seit Jahren verpflichtet.

Notfallplan Gas

Um die Gasversorgung in Deutschland bei einer schlechten Versorgungslage zu regeln, gibt es einen Notfallplan Gas. Dieser Plan sieht drei Stufen vor. Insbesondere private Haushalte, aber auch Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, die Feuerwehr und die Polizei sind in der dritten und höchsten Stufe, dem Notfall, besonders geschützt. So soll die Versorgung sichergestellt werden.

Die drei Stufen teilen sich in:

  • Frühwarnstufe
  • Alarmstufe
  • Notfallstufe

Info: Gaspreise

Heizkosten
Mit der geplanten Rückkehr des alten Mehrwertsteuersatzes auf Erdgas müssen sich Verbraucher in Baden-Württemberg wieder auf teurere Heizkosten einstellen. Die Mehrbelastung der privaten Haushalte liege ab April im Schnitt bei rund elf Prozent, teilt das Vergleichsportal Verivox mit.

Baden-Württemberg
Im Südwesten belaufen sich die erhöhten Kosten für ein Einfamilienhaus beziehungsweise für einen Haushalt mit vier Personen mit einem Gasverbrauch von 20 000 Kilowattstunden auf durchschnittlich 236 Euro pro Jahr.

Gaspreis
Der Gaspreis in Baden-Württemberg liegt aktuell bei 10,53 Cent pro Kilowattstunde – und damit rund 3,6 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt von 10,37 Cent pro Kilowattstunde. Bei einem Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 20 000 Kilowattstunden entspreche dies 2106 Euro. Bundesweit zahlen Kunden für die gleiche Menge Gas im Mittel 2033 Euro.

EnBW
Die EnBW hat die betroffenen Gaskunden bereits schriftlich informiert und eine entsprechende Abschlagserhöhung angekündigt. Aktuell zahlt laut EnBW ein Haushalt mit 100 Quadratmetern Wohnfläche und einem Verbrauch von 14 000 Kilowattstunden in Stuttgart rund 1346 Euro pro Jahr. Durch die Steueranhebung von 7 auf 19 Prozent sind in Zukunft rund 151 Euro mehr fällig.

Preisniveau
Laut Verivox soll das Heizen mit Erdgas langfristig teurer bleiben als noch vor drei Jahren. Zwar sind die durchschnittlichen Gaspreise in den vergangenen zwölf Monaten stark gefallen, doch das Preisniveau liegt immer noch deutlich höher als vor dem Beginn des Krieges in der Ukraine. Im Verlauf des Jahres 2022 wurden zeitweise mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig, nachdem Russland seine Gaslieferungen nach Europa stark gedrosselt hatte.