Kohle statt Atom: Baden-Württemberg bietet Block 3 des Kohlekraftwerks Mannheim als sogenannte Kaltreserve für künftige Stromengpässe an. Foto: dpa

Kohlekraftwerk Mannheim soll als sogenannte Kaltreserve für künftige Stromengpässe dienen.

Stuttgart - Baden-Württemberg bietet ein Kohlekraftwerk als Kaltreserve für künftige Stromengpässe an und will so vermeiden, dass ein stillgelegtes Atomkraftwerk in Bereitschaft gehalten werden muss. Die Genehmigung für Block 3 des Kohlekraftwerks Mannheim könne bis Ende Oktober erteilt werden, teilte das Umweltministerium in Stuttgart am Freitag der Bundesnetzagentur mit. Das Ministerium gehe davon aus, dass die Frage nach einer atomaren Kaltreserve - beispielsweise das AKW Philippsburg I - nun vom Tisch sei, hieß es. Die Genehmigung regele, dass bei dem Mannheimer Kraftwerk fünf statt bisher vier Blöcke gleichzeitig in Betrieb sein dürften. Die zulässigen Grenzwerte würden deswegen aber nicht erhöht.

Ein AKW in Bereitschaft kostet 50 Millionen Euro

Die Stadt Mannheim teilte mit, dass sie das Land bei dieser überregionalen Aufgabe unterstützen und das Genehmigungsverfahren konstruktiv begleiten wolle. Die Bundesregierung hatte beschlossen, dass die Netzagentur bis September prüfen soll, ob eines der acht stillgelegten Kernkraftwerke für den Fall von Engpässen gerade im Winter bis 2013 in „Stand-By“ gehalten wird. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte aber betont, dass nach Möglichkeit kein Atommeiler die Kaltreserve sein soll.

Ein AKW in Bereitschaft würde laut Regierung 50 Millionen Euro pro Jahr kosten - dies hätten die Verbraucher wohl über die im Strompreis enthaltenen Netzentgelte zahlen müssen.

Sylvia Kotting-Uhl, Sprecherin der Grünen-Fraktion für Atompolitik, begrüßte, dass es „nicht zum Unsinn einer atomaren Kaltreserve kommt“. Im Vergleich zu den Risiken eines alten AKW sei die Bereitstellung eines Kohlekraftwerkblocks für eventuelle kurzfristige Stromengpässe das kleinere Übel. Ähnlich äußerten sich auch die Naturschützer, die das Atomkraftwerk Philippsburg als Kaltreserve strikt abgelehnt hatten. „Wir haben Bauchschmerzen, aber wir können damit leben“, sagte Andre Baumann, Landesvorsitzender des Naturschutzbundes Nabu. Jetzt gehe es darum, für künftige Engpässe den Ausbau von effizienteren Gaskraftwerken voranzutreiben.

Aus der Opposition hieß es hingegen, dass die Grünen mit der Entscheidung in der Realität angekommen seien. „Die Grünen werden schnell sehen, dass das noch nicht reicht. Wer für einen Industriestandort wie Baden-Württemberg die Energieversorgung sichern will, muss als Realität anerkennen, dass es vorläufig nicht ohne fossile Energieträger wie Kohle geht“, sagte die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger. „Die Entzauberung der Grünen geht weiter.“