Förderkonzept der L-Bank kommt bei Besitzern von Eigentumswohnungen gut an Foto: dpa

Im Südwesten sind Eigentumswohnungen sehr beliebt. Doch viele Wohnungen sind alt und müssten dringend energetisch saniert werden. Ausgerechnet im Musterland der Energiesparer gibt es einen Sanierungsstau.

Stuttgart - Wer seine Eigentumswohnung energetisch sanieren möchte, braucht seine Nachbarn dazu. Denn alles, was die Fassade, das Dach oder die Fenster betrifft – also das Haus, in dem sich die Eigentumswohnung befindet –, ist Gemeinschaftsangelegenheit. Doch sogenannte Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) tun sich schwer mit energetischen Sanierungen. Ein speziell auf sie abgestelltes Förderprogramm der L-Bank soll solche Vorhaben erleichtern. Erste Erfolge stellen sich ein.

Von den Schwierigkeiten weiß der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum einiges zu berichten. „Unsere Erfahrung ist, dass viele Wohnungsbesitzer sich kaum Gedanken darüber machen, wie umfangreich die Entscheidungsprozesse werden, wenn man gemeinschaftlich ein Haus besitzt“, sagt die Verbandssprecherin Sabine Feuersänger. Manche wollen mit einer energetischen Sanierung den Wert ihrer Eigentumswohnung erhalten oder steigern, andere wiederum fragen, warum so eine Maßnahme überhaupt notwendig ist. Nicht selten bremsen auch ältere Besitzer, denen es bisweilen weniger wichtig ist, in welchem Zustand das Haus in 20 Jahren ist. Oder die mit ihrer Rente auskommen müssen und die zusätzliche Belastung scheuen. „Es ist eine schwierige Interessengemengelage, die bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft unter einen Hut gebracht werden muss“, sagt die Verbraucherschützerin.

Letztlich geht es um viel Geld. Bei umfangreichen Modernisierungen reicht die Instandhaltungsrücklage, in die jeder Eigentümer einzahlt, meist nicht aus. Die WEG kann dann eine Sonderumlage erheben. Reicht auch das nicht, können die Besitzer einen Kredit aufnehmen – jeder für sich oder alle zusammen. Oft sind dafür strenge Auflagen bei der Bank zu erfüllen und bürokratische Hürden zu nehmen.

Geringe Sanierungsquote

Die L-Bank – die landeseigene Förderbank – hat 2012 Eigenheimbesitzer in den Blick genommen und ein spezielles Programm aufgelegt. „Wir wollen alle anspornen, um die Klimaziele, die sich Bund und Land gesetzt haben, zu erreichen“, sagt ein Sprecher der Förderbank. Den Wohnungseigentümergemeinschaften kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, wie jetzt eine aktuelle Studie feststellt, die das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der L-Bank erstellt hat und die unserer Zeitung vorliegt. „WEG sind sehr wichtig für den baden-württembergischen Wohnungsbestand“, sagt Oliver Lerbs, wissenschaftlicher Leiter der ZEW-Studie. „Ihre Sanierungsquote ist aber sehr gering im Vergleich zu anderen Wohnungseigentümergruppen wie kommunalen oder genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen oder privaten Eigenheimbesitzern.“

Im Südwesten gibt es deutlich mehr Eigentumswohnungen als im Bundesdurchschnitt. Jede dritte Wohnung in Baden-Württemberg – rund 1,7 Millionen – ist in privatem Eigentum, während bundesweit der Anteil von Eigentumswohnungen am Gesamtwohnungsbestand nur 22 Prozent ausmacht. In den Ballungsgebieten und Städten liegt der Anteil an Eigentumswohnungen noch deutlich höher: Freiburg ist Spitzenreiter mit 45 Prozent, gefolgt von Stuttgart mit 41 sowie von Karlsruhe und Mannheim mit jeweils 35 Prozent.

L-Bank ist Vorreiter

Viele dieser Eigentumswohnungen im Südwesten sind in die Jahre gekommen. Sieben von zehn Gebäuden mit Eigentumswohnungen wurden vor 1990 errichtet, heißt es in der ZEW-Studie. Ein Drittel ist in den Jahren 1960 bis 1979 gebaut worden. Hier sehen die Forscher „wesentliche Potenziale“, um die Energieeffizienz zu steigern.

Mit ihrem Förderprogramm für WEG ist die L-Bank 2012 in eine Lücke gestoßen. „Baden-Württemberg war das erste Bundesland, das Wohnungseigentümergemeinschaften über einen Verbandskredit in Kombination mit einer Ausfallbürgschaft gefördert hat“, sagt Lerbs.

Für Eigentümer hat so ein Verbandskredit einer Förderbank gewisse Vorteile. Denn es muss nicht jeder Wohnungsbesitzer mit seiner Bank verhandeln, was sehr aufwendig ist. Die Verhandlung übernimmt in diesem Fall ein Verwalter, den die Hausgemeinschaft beauftragt. Das Besondere am Verbandskredit der L-Bank ist die Ausfallbürgschaft des Landes. Die Förderbank kann dadurch auf Kreditsicherheiten verzichten, „welche die meisten Hausgemeinschaften nicht stellen können“, heißt es in der ZEW-Studie. Der Landesbürgschaft kommt eine Schlüsselrolle im Förderprogramm zu, meint Lerbs. Zinssatz und Kreditlaufzeit folgen erst an zweiter und dritter Stelle. Gleichwohl hat so ein Verbandskredit auch Risiken, wie die Sprecherin von Wohnen im Eigentum betont: Ginge etwa einem der Beteiligten das Geld aus, muss die Eigentümergemeinschaft für ihn einspringen und Zins und Tilgung für ihn mit aufbringen.

Die Studie zeigt, dass das Förderprogramm der L-Bank die Sanierungsaktivitäten im Südwesten befördert. Zwischen 2012 und 2014 wurden 6000 Eigentumswohnungen in Baden-Württemberg mit insgesamt 43 Millionen Euro an Darlehen gefördert. Sehr zufrieden ist die L-Bank mit der hohen Nachfrage in diesem Jahr. „Mit 19,6 Millionen Euro für die Modernisierung von 2740 Wohneinheiten Ende September liegen wir schon jetzt über dem Kreditvolumen des gesamten Vorjahrs“, sagt L-Bank-Chef Axel Nawrath. „Das Programm hat sich jetzt nach knapp drei Jahren sehr gut etabliert.“