Die Geschichte um Dänemark bei dieser EM ist schon jetzt eine besondere. Foto: dpa/Martin Meissner

Deutschland hat sich mit Ach und Krach als einer der letzten Mannschaften für das EM-Achtelfinale qualifiziert. Nach der Beendigung der Vorrunde werfen wir ein Blick zurück. Das sind die Tops und Flops.

Stuttgart - Die Vorrunde der Fußball-Europameisterschaft ist beendet. Was hat bislang begeistert? Was enttäuscht? Ein Überblick.

TOPS

DANISH DYNAMITE:

Ganz Fußball-Europa bangte mit den Dänen um Christian Eriksen. Was waren das bange Minuten im Kampf um Leben und Tod im Parken-Stadion, ehe die erlösende Entwarnung kam. Mittlerweile geht es dem 29-Jährigen wieder besser, nach Einsetzen eines Defibrillators erholt er sich mit seiner Familie in Odense. Und was das restliche dänische Team „für Christian“ geleistet hat, war aller Ehren wert. Erst der Sichtschutz während der Behandlungsmaßnahmen auf dem Feld, dann der wunderbar offene Umgang mit den eigenen Emotionen und zu guter Letzt sportliche Glanzleistungen bei den bewegenden Spielen danach. Dänemark ist schon jetzt eine Art Europameister der Herzen.

REKORD-RONALDO:

Was wurde vor dem Turnier über Cristiano Ronaldo diskutiert. Ist seine Zeit vorbei? Hilft er der portugiesischen Mannschaft überhaupt noch? Er gab die Antwort auf dem Platz - und wie! Mit fünf Toren schoss der 36-Jährige den Titelverteidiger in der Todesgruppe F quasi im Alleingang ins Achtelfinale. Dabei knackte er ganz nebenbei den Rekord für die meisten EM-Tore und stellte die Uralt-Bestmarke von Ali Daei für die meisten Länderspieltore (109) ein. Die Torjägerliste der EM führt Ronaldo mit 14 Treffern natürlich auch souverän noch an.

SCHLITZOHR SCHICK:

Das Tor der EM ist wohl schon gefallen. Patrik Schick sprintete über die Mittellinie, blickte kurz auf und fasste sich einfach mal ein Herz. Mit einem sensationellen Schuss aus 45 Metern überwand der tschechische Angreifer den weit vor dem Tor postierten schottischen Keeper David Marshall und führte sein Team zum 2:0-Auftaktsieg. „Die anderen Spieler können aufhören zu versuchen, das Tor des Turniers zu schießen, denn es ist bereits geschehen“, befand Teamkollege Tomas Soucek.

ANGRIFFSLUSTIGE AZZURRI:

Von wegen Catenaccio - die Squadra Azzurra kann auch attraktiv. Italien zeigt sich bei dieser EM von einer ganz neuen Seite. Mit einer Mannschaft ohne große Stars zelebriert der Europameister von 1968 erfrischenden Offensivfußball, kombiniert die gegnerischen Abwehrreihen teilweise nach Herzenslust auseinander. Da die Abwehr um die letzten beiden verbliebenen Routiniers Leonardo Bonucci und Giorgio Chiellini trotz der neuen Angriffslust weiter stabil steht, hat sich die Squadra Azzurra zu einem Topfavoriten auf den Titel entwickelt.

BUNDESLIGA-BUDEN:

Die bisherige Bilanz der Bundesliga-Profis bei der EM kann sich sehen lassen. Insgesamt 22 Treffer gingen in der Gruppenphase auf das Konto von Spielern aus der deutschen Eliteliga, im internationalen Vergleich ist das Platz zwei. Nur die Serie A kommt auf 25 Treffer, die Profis aus der englischen Premier League schafften bislang 16 Tore. Die spanische Primera Division mit vier Treffern und die Spieler der französischen Ligue 1 mit drei Toren können im Vergleich der Topligen bei Weitem nicht mithalten.

FLOPS

UNGLÜCKLICHE UEFA:

Die Europäische Fußball-Union (UEFA) gibt bei dieser EM bislang ein ganz schwaches Bild ab, es hagelt Kritik. Das Verbot zur Beleuchtung der Münchner EM-Arena in Regenbogenfarben war ein gewaltiges Eigentor. Die Entscheidung über die Fortsetzung der Partie Dänemark gegen Finnland nach dem Eriksen-Drama den Spielern zu überlassen, zumindest mehr als unglücklich. Zumal sie vor eine Wahl zwischen zwei schlechten Optionen gestellt wurden. Das Festhalten an London als Finalstadt ist angesichts der Ausbreitung der Deltavariante in Großbritannien ebenfalls mehr als fragwürdig. 

EIGENTORFLUT:

Wie der slowakische Torhüter Martin Dubravka sich in bester Volleyballmanier selbst den Ball ins Netz schmetterte, war die Krönung der zahlreichen Slapstick-Einlagen in der Gruppenphase. Insgesamt trafen acht Spieler in der Vorrunde ins eigene Netz. Damit gab es schon vor Beginn der K.o.-Phase genauso viele Eigentore wie bei den letzten fünf Europameisterschaften zusammen. Der Slowakei und Portugal unterliefen gar je zwei Eigentore in einem Spiel. 

ELFMETERWUCHER:

Vom Punkt waren die Spieler schonmal treffsicherer. Nur acht von 14 Elfmetern wurden in der EM-Vorrunde verwandelt, die Trefferquote liegt somit bei schwachen 57 Prozent. Spanien ließ während der Gruppenphase sogar schon zwei Chancen vom Punkt aus, sowohl Gerard Moreno als auch Alvaro Morata scheiterten. Im Duell zwischen der Ukraine und Nordmazedonien vergaben gleich beide Teams je einen Strafstoß. 

GROTESKER GLEITSCHIRMABSTURZ:

Die Zuschauer beim ersten deutschen Gruppenspiel staunten nicht schlecht, als unmittelbar vor dem Anpfiff der Partie gegen Frankreich ein Gleitschirmflieger unkontrolliert gen Rasen trudelte. Zwei Männer wurden bei der wahnwitzigen Protestaktion der Umweltorganisation Greenpeace am Kopf verletzt, nur mit viel Glück passierte bei der Notlandung nichts Schlimmeres. Die Polizei ermittelt wegen „verschiedener Delikte nach dem Strafgesetzbuch und dem Luftverkehrsgesetz“.

TAUMELNDE TÜRKEN:

Mit großen Ambitionen gestartet, doch dann in einer machbaren Gruppe abgeschmiert - die Milli Takim waren die wohl größte Enttäuschung der Vorrunde. In allen drei Gruppenspielen war die Türkei chancenlos, null Punkte bei einer Tordifferenz von 1:8 sind eine Blamage. „Besiegt, zerquetscht, erschöpft“, brachte es die Zeitung Türkiye Gazetesi auf den Punkt. Eine Zukunft mit Trainer Senol Günes scheint kaum mehr möglich.