Erst aufladen, dann losfahren: Ein Elektro-Auto wird mit Strom betankt. Foto: dapd

Zwischenbilanz: So viele Elektro-Fahrzeuge wie in Stuttgart sind nirgends an Start gegangen.

Stuttgart - Mit Strom betriebene Roller und Fahrräder, Kleintransporter und sogar Porsches: Das alles wird in und um Stuttgart herum getestet. Walter Rogg, Wirtschaftsförderer der Region, hat eine Zwischenbilanz gezogen. Man habe die größte Elektroflotte in Deutschland auf die Räder gestellt, sagte Rogg stolz.

Die Region Stuttgart ist eine von acht Modellregionen für Elektromobilität in Deutschland. Das Bundesverkehrsministerium hatte dafür einen Wettbewerb ausgeschrieben, der im Juni 2009 entschieden war. Es hatte 130 Antragsteller geben, die Region bekam als einzige in Baden-Württemberg den Zuschlag. 130 Millionen Euro aus Berlin fließen in die Modellregionen, rund 16 Millionen Euro bekommen die teilnehmenden Unternehmen im Raum Stuttgart. Ziel ist es, die Bundesrepublik zum Leitmarkt für Elektromobilität zu entwickeln. Bis 2020 sollen eine Million Elektro-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs sein, in der Region immerhin 100.000.

Die Fäden des Modellprojekts in der Region laufen bei der Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS) zusammen. Das Team um Geschäftsführer Walter Rogg ist die Schnittstelle zwischen dem Verkehrsministerium und den Firmen vor Ort, die sich beteiligen. Hier erste Ergebnisse, die Rogg am Mittwoch den Regionalräten vorstellte.

600 Elektroroller

Rund 400 Männer und 100 Frauen zwischen 18 und 77 Jahren haben seit Sommer 2010 Elektroroller des Energieversorgers EnBW getestet. Das Projekt der Elektronauten ist abgeschlossen, die wissenschaftliche Auswertung steht noch aus. Weitere 100 Roller gingen an mehrere Stadtverwaltungen in der Region, darunter Stuttgart und Esslingen. Erste Bilanz: Die Elektronauten haben fast eine Million Kilometer zurückgelegt und damit 100 Tonnen CO2 gespart. Genutzt wurden die Zweiräder überwiegend unter der Woche, oft als Ersatz fürs Auto für den Weg zur Arbeit. Befürchtungen, dass es wegen der Lautlosigkeit der Elektroroller zu Unfällen kommt, haben sich nicht bestätigt. Es habe deshalb keinen einzigen gegeben, heißt es. 40 Prozent der Elektronauten wollen ihre Roller behalten.

100 Elektrofahrräder

Die Landeshauptstadt und die Bahntochter DB Rent wollen ihr Fahrradverleihsystem Call a bike um 100 Elektrofahrräder erweitern. Die sogenannten Pedelecs sollen an 45 Terminals ausgeliehen werden können. Der Projektstart hat sich unter anderem wegen des Baus der Terminals verzögert. Noch in diesem Monat aber soll es losgehen.

50 Elektrotransporter

Die Daimler AG hat 50 batteriebetriebene Kleintransporter (Vito) in der Hügellandschaft in und um Stuttgart am Laufen. Getestet wird die Effizienz bei Verbrauch und Reichweite sowie die Tauglichkeit im Stadtverkehr. Die Tests mit den Vito-E-Cells sind noch nicht abgeschlossen, scheinen aber durchaus positiv zu sein. Daimler will 2012 die erste Elektrotransporter-Kleinserie bauen. Geplant sind zunächst einmal 2000 Fahrzeuge.

"Der Nachweis der Alltagstauglichkeit ist erbracht"

5 Diesel-Elektrobusse

Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) hat fünf Gelenkbusse mit kombiniertem Elektro- und Dieselbetrieb im Einsatz. Die Dieselhybridbusse sind in Stuttgart auch auf bergigen Strecken unterwegs. Beim Einfahren kommen sie mit Elektroschub aus. Das erspart den Großstadtmenschen Lärm und Feinstaub. Im Vergleich zu den derzeit besten Dieselbussen braucht das Kombi-Gefährt rund 20 Prozent weniger Sprit.

3 Elektro-Porsche

Seit Februar erprobt die Porsche AG drei vollelektrisch fahrende Porsche-Boxster auf den Straßen der Region. Die erste öffentlichkeitswirksame Testfahrt war dem damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus vorbehalten. Er sprach nach der Spritztour durch Zuffenhausen von einem "neuen Wunderauto". Ob und wann der Porsche in Serie geht, ist noch offen.

2 Elektro-Modellstädte

Zu den Projekten gehören auch die elektromobilen Städte Ludwigsburg und Böblingen/Sindelfingen. In Ludwigsburg wurden bisher zehn Stromladesäulen installiert, die Stadt testete acht Elektroautos und fünf E-Bikes. Fünf Pedelecs können geliehen werden. Im 80 Hektar großen Wohn- und Gewerbegebiet Flugfeld der Städte Böblingen und Sindelfingen sollen sieben Elektroautos, darunter vier Smart, und mehrere E-Bikes zum Verleih angeboten werden. Die Fahrzeuge fehlen aber noch. Rund 20 Ladestationen gibt es schon.

1 Fazit

Zusammen mit 97 Partnern sind insgesamt 33,5 Millionen Euro in der Region investiert worden. "Der Nachweis der Alltagstauglichkeit der Fahrzeuge und der Ladetechnik ist erbracht", lautet Walter Roggs Fazit auch vor der detaillierten Auswertung.

Wie geht es weiter?

Der Bundeswettbewerb wird 2012 beendet, doch für die Modellregion Elektromobilität Stuttgart soll es weitergehen. Dafür setzt der Chef-Wirtschaftsförderer auf drei Säulen. Erstens plane das Bundesverkehrsministerium ein Anschlussprojekt, in dessen Rahmen weitere 50 Millionen Euro in Deutschland verteilt werden. Hierfür bereite die Region schon heute fünf konkrete Anträge vor. Zweitens plane die Bundesregierung einen weiteren Wettbewerb unter dem Schlagwort Schaufenster Elektromobilität. Dieser Wettbewerb ist bisher noch geheimnisumwittert, aus Berlin ist lediglich herausgedrungen, dass satte 200 Millionen Euro über fünf Jahre verteilt werden sollen und dass nur noch drei bis fünf Städte in den Genuss dieses Batzens kommen sollen. Da die Ausschreibung erst Ende dieses Jahres erfolgen soll, wisse man ansonsten noch nichts Genaues, sagte Walter Rogg vor dem Wirtschaftsausschuss. Aber eines sei klar, versprach Rogg: "Die Region will auch Schaufenster für Elektromobilität werden." Schließlich hängen zwischen Schwarzwald und Schwäbischem Wald rund 180.000 Jobs am Fahrzeugbau. Drittens will auch die Regionalversammlung selbst Geld locker machen: Mit 7,5 Millionen Euro für Projekte mit zukunftsweisender Mobilität sollen Investitionen von Kommunen oder Firmen in gleicher Größenordnung in den nächsten fünf Jahren ausgelöst werden.