Ein Regionalzug ist auf der Gäubahn unterwegs. Foto: dpa/Christian Johner

In einer aufwendigen, Faktencheck genannten Veranstaltung, werden die Positionen zur Bahnstrecke in den Süden ausgetauscht. Wer eine Annäherung der Standpunkte erwartete, wurde enttäuscht. Und jetzt?

Fünf Stunden lang haben Vertreter von Bahn, Land, Landeshauptstadt, Anrainerkommunen der Gäubahn sowie Verkehrsverbänden ihre Positionen zur Zukunft der Bahnverbindung von Stuttgart in Richtung Schwarzwald, Bodensee und Schweiz ausgetauscht.

 

Wie ist die Ausgangslage?

Im Zuge der weiteren Bauarbeiten für Stuttgart 21 soll die Strecke auf Höhe des Nordbahnhofs rund ein halbes Jahr vor Inbetriebnahme des neuen Bahnknotens gekappt werden. Bis zur Fertigstellung der neuen Gäubahnführung via Flughafen zum Durchgangsbahnhofs wäre dieser dann für die Fahrgäste nur mit einem zusätzlichen Umstieg zu erreichen. Die Anliegerkommunen wollen das nicht hinnehmen und pochen auf den Weiterbetrieb oberirdischer Gleise, die Landeshauptstadt sieht dadurch ihre städtebaulichen Ambitionen gefährdet.

Was sagt die Stadt Stuttgart?

Die Position des Rathauses hat Baubürgermeister Peter Pätzold (Grüne) präsentiert. Ein zentraler Baustein des neuen Quartiers, der auch zu dessen Erschließung dient, soll eine Freifläche auf Höhe der künftigen S-Bahnhaltestelle Mittnachtstraße sei. Um die Verknüpfungen zwischen bestehenden Vierteln und den neuen Quartieren herzustellen, müsse der Damm der Gäubahn an dieser Stelle abgetragen werden – was nicht gehe, wenn darauf über 2025 hinaus Züge fahren.

Zudem sollen in unmittelbarer Nähe der Gleisanlage auch schon vor diesem Zeitpunkt Wohnungen entstehen, die man mit Lärmschutz versehen müsse, wenn weiterhin Bahnbetrieb stattfinde. Eine Verlagerung des Autoverkehrs weg vom Hauptbahnhof auf die Wolframstraße wiederum sei nur möglich, wenn die dortigen Bahnbrücken verschwinden. „Die Stadt Stuttgart verfügt über Flächen, die mehr als eine Milliarde Euro wert sind, und wartet nun schon seit Jahren darauf, diese bebauen zu können. Wenn die Gäubahn weiterfährt, verschiebt sich das alles um nochmals zehn Jahre“, so Baubürgermeister Pätzold.

Was sagt die Bahn?

Florian Bitzer, bei der Bahn für die Inbetriebnahme des Bahnprojekts Stuttgart–Ulm zuständig, zeigt die sich aus Sicht der Bahn ergebenden Schwierigkeiten auf, die mit einem Weiterbetrieb der Gäubahn einher gingen. Das erfordere nach dem Regelwerk der Bahnen ebenso einen Neubau der Signaltechnik wie der Oberleitungen. Die Brücken, über die die Gäubahnzüge im Nordbahnhofviertel fahren, stammen aus dem Jahr 1913 und erreichen das Ende ihrer Lebenszeit. Wenn nicht Neubau, so sei zumindest eine umfangreiche Sanierung vonnöten. Dafür müsse die Strecke ebenfalls gesperrt werden.

Rüdiger Weiß, der für die Bahn Fahrpläne im Südwesten erstellt, hat verschiedene Varianten durchgespielt und sie mit der bisher angenommen Lösung, bei der Fahrgäste vom Fern- und Regionalverkehr im Stuttgarter Stadtteil Vaihingen auf die S-Bahn umsteigen müssen, verglichen. Da ging es um Umleitungen via Tübingen oder Renningen, um die Idee Gäubahnzüge über die S-Bahngleise zum Hauptbahnhof zu schicken oder eben die bestehenden S-Bahnverbindungen bis Horb oder Rottweil zu verlängern.

Wie verlief die Diskussion?

Eine gewisse Ernüchterung machte sich über die Herausforderungen bei einem temporären Weiterbetrieb breit, verbunden mit dem vor allem von Vertretern der Verkehrsverbänden vorgebrachten Vorwurf, es würden Schwierigkeiten überbetont und es werde nicht ernsthaft nach Lösungen gesucht. Eine Sichtweise, die Thorsten Krenz, Konzernbevollmächtigter der Bahn im Land, scharf zurückwies. Die Vertreter der Kommunen entlang der Strecke bekräftigten mehrmals die Wichtigkeit einer umsteigefreien Verbindung in die Landeshauptstadt. Für den Fall, dass diese nicht nicht aufrechterhalten werden könne, plädierten viele für die Prüfung, ob die von der Bahn untersuchten Varianten nicht kombinierbar wären – etwa die Umstiegslösung in Vaihingen und eine gleichzeitige Verlängerung der S-Bahn bis mindestens Horb.

Wie geht es nun weiter?

Guido Wolf, Vorsitzender des Interessenverbands Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn, sagte eine Wiederholung der Veranstaltung zu, wenn die Varianten eingehender überprüft seien. Und dann ist da noch ein vom Landesnaturschutzverband angestoßenes Verfahren, in dessen Verlauf das Eisenbahn-Bundesamt die Rechtmäßigkeit der Gäubahn-Unterbrechung prüfen soll.