Der chinesische Milliardär und Geely-Eigentümer ist nun Daimler-Großaktionär (Symbolbild). Foto: AFP

Der chinesische Autohersteller Geely hat knapp zehn Prozent Daimler-Aktien erworben – ohne dass Daimler davon Wind bekam. Nun soll das Thema im Bundestag besprochen werden.

Berlin - Der Einstieg des chinesischen Autoherstellers Geely beschäftigt auch den Bundestag. Nach Informationen unserer Zeitung soll die Regierung in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch einen Bericht abgeben, ob die Chinesen beim Daimler-Einstieg Mitteilungspflichten verletzt haben. Dieser Punkt steht auf der Tagesordnung der Ausschusssitzung. Die Grünen im Bundestag haben sich dafür eingesetzt. Die grüne Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae sagte, die Bundesregierung solle erläutern, ob möglicherweise Schlupflöcher existieren, mit denen geltende Meldepflichten des Wertpapierhandelsgesetzes umgangen werden können. „Sollte es Lücken geben, die es Investoren erlauben, unterhalb des Radars größere Anteilspakete zu erwerben, müssen diese geschlossen werden“, sagte Andreae.

Auch die Regierung hat Fragen

Auch die Bundesregierung ist verwundert, dass der Milliardär und Geely-Eigentümer Li Shufu knapp zehn Prozent der Daimler-Aktien erwerben konnte, ohne dass Daimler davon Wind bekam. Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) kündigte an, dies müsse aufgeklärt werden. Nach dem Wertpapierhandelsgesetz besteht eine Meldepflicht, wenn ein Investor die Anteilsschwelle von drei, fünf und zehn Prozent überschreitet. Auch darüber hinaus muss bei Überschreiten bestimmter Schwellen darüber informiert werden. Die Transparenzregeln sollen zu einem fairen Verfahren beitragen. Daimler ist offenbar von der Ankündigung überrascht worden, dass Geely auf einen Schlag zehn Prozent der Aktien erworben hat.

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) prüft den Kauf. „Wie in anderen vergleichbaren Fällen sehen wir uns natürlich an, ob die Stimmrechtsveränderungen bei Daimler rechtzeitig gemeldet wurden“, erklärte die Bafin. Nach den geltenden Regeln ist es durchaus möglich, dass sich Geely Zugriff auf die Aktien sicherte, ohne in Erscheinung zu treten.

Es ist möglich, dass ein Investor Anteilspakete erwirbt, ohne dass die entsprechenden Schwellen erreicht werden. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn etwa Banken nur unverbindlich bei Daimler-Aktionären nach deren Verkaufsabsichten gefragt hätten. Banken können Aktienpakete auch für ihren eigenen Handelsbestand ankaufen, um diese dann einem Investor zu übertragen. Bleiben Banken dabei unter fünf Prozent, sind sie nicht meldepflichtig.

Anders ist der Fall gelagert, wenn ein Investor Banken einen verbindlichen Kaufauftrag erteilt hat. Der Investor müsste dann beim Erwerb eine Stimmrechtsmitteilung abgeben. Der chinesische Milliardär und Geely-Eigner Li Shufu soll beim Daimler-Einstieg von US-Investmentbanken beraten worden sein.

Politik hat kaum eine Handhabe

Gegen den Aktienkauf der Chinesen hat die Bundesregierung kaum eine Handhabe. Das Außenwirtschaftsrecht sieht für bestimmte Direktinvestitionen zwar eine Prüfung vor. Das gilt etwa, wenn Käufer von außerhalb der EU Unternehmen kaufen, die im militärischen Bereich oder der Infrastruktur tätig sind. Nach den Bestimmungen werden Investitionen von der Regierung geprüft, wenn mindestens 25 Prozent der Anteile an einem Unternehmen erworben und die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind. Die Prüfkriterien treffen auf die Beteiligung der Chinesen an Daimler nicht zu. Auf Initiative des Wirtschaftsministeriums sollen die Regeln künftig in der EU strenger gefasst werden.

Die Wirtschaftsverbände warnen vor Hürden. „Grundsätzlich ist es eine Auszeichnung, dass sich ausländische Investoren für deutsche Unternehmen interessieren“, sagte Volker Treier, Außenhandelschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Es gab Zeiten, da führten deutsche Betriebe ein Schattendasein. Gerade die deutschen Unternehmen profitierten vom chinesischen Markt. Die Gefahr eines Ausverkaufs durch die Chinesen sieht Treier nicht. Deutsche Unternehmen hätten 80 Milliarden Euro in chinesische Produktionskapazitäten investiert. Umgekehrt legten Chinesen etwas mehr als zehn Milliarden Euro in deutsche Werke an. Der DIHK-Vizechef rät zur Gelassenheit: „Es findet durch chinesische Investments weder ein Abzug von Technologie statt, noch werden Arbeitsplätze in großem Stil vernichtet.“