David Cameron herzt seine Frau Samantha auf den Stufen zum neuen Domizil: Downing Street 10. Foto: dpa

Mit Cameron als Premier übernimmt eine Koalition von Konservativen und Liberalen die Macht.

London - Zeitenwende an der Themse: Mit David Cameron als Premierminister übernimmt eine Koalition von Konservativen und Liberaldemokraten in Großbritannien die Macht. Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg stellt nicht nur eine Partei die Regierung.

Vizepremier Nick Clegg von den "Lib Dems" kündigte eine "andere Art von Regierung" an, die nach den Worten Camerons aber vor "großen Herausforderungen" steht. Sie wolle den Briten aber das "Vertrauen in das politische System" zurückgeben. 

Nach 13 Jahren kehrt ein Tory in die Downing Street Number 10 zurück. Weil die Konservativen bei der Wahl aber keine absolute Mehrheit erreichten, sind sie auf die Liberaldemokraten als Koalitionspartner angewiesen. Die drittstärkste Partei im Unterhaus sitzt zum ersten Mal in ihrer neueren Parteigeschichte auf der Regierungsbank. Gordon Brown trat am Dienstagabend nach drei Jahren als Premierminister und Chef der Labour-Partei zurück.

Cameron ist nach seiner formellen Ernennung durch Queen Elisabeth II. mit 43 Jahren der jüngste Premierminister Großbritanniens seit fast 200 Jahren. Schon in der Nacht zum Dienstag nahm das neue Kabinett Formen an. Nick Clegg wird Cameron in Abwesenheit vertreten. Die Liberaldemokraten haben zudem vier Ministerposten aushandeln können.

Der Außenexperte und ausgesprochene Europakritiker der Tories, William Hague, soll Außenminister werden. George Osborne übernimmt für die Tories mit nur 38 Jahren das wichtige Amt des Finanzministers. Der Konservative Liam Fox soll Verteidigungsminister werden, berichteten Medien übereinstimmend. Cameron sagte bei seiner ersten Ansprache, es stehe "harte Arbeit" bevor. Großbritannien trägt schwer an einer massiven Staatsverschuldung und kämpft immer noch mit den Folgen der Finanzkrise.

Als eine der ersten gratulierte in der Nacht Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem neuen Premier. Sie lud Cameron ein, sobald wie möglich nach Berlin zu kommen. Auch US-Präsident Barack Obama griff zum Hörer und lud den neuen Regierungschef für Juli in die USA ein. Er freue sich darauf, ihn im Juni beim G8- und G20-Gipfel zu treffen. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy forderte Cameron auf, sich als Premier für die europäische Sache einzusetzen.

Mit der neuen blau-gelben Regierung endet die Ära von "New Labour", die 1997 unter Browns Vorgänger Tony Blair begonnen hatte. Brown war seit Sommer 2007 Premier, nachdem er unter Blair zehn Jahre als Finanzminister gedient hatte. Den Labour-Vorsitz hält nun kommissarisch Vize-Chefin Harriet Harman, bis ein Nachfolger für Brown gefunden ist.

Bei der Wahl am Donnerstag hatte Labour eine schwere Schlappe eingesteckt. Die Tories waren stärkste Partei geworden. Zusammen mit den Liberalen kommen sie auf eine stabile Mehrheit von 363 Sitzen im Unterhaus.

Um die Koalition auf die Beine zu stellen, stimmten die "Lib Dems" Tory-Plänen zu, die Immigration einzudämmen und während der fünf Jahre langen Regierungszeit nicht den Euro einzuführen. Die Liberalen sind eigentlich sehr europafreundlich. Zu Problemen der Koalitionspartner könnte es auch in der Verteidigungspolitik kommen, da die Liberalen schon gegen den Irak-Krieg gestimmt und sich auch skeptisch über das militärische Engagement der Briten in Afghanistan geäußert haben.