Daumen hoch: Wer als Kind schwimmen kann, ist klar im Vorteil. Foto: dpa

Die Schwimmverbände des Landes zeichnen ein düsteres Bild: Rund zwei Drittel der Kinder verließen die Grundschule, ohne schwimmen zu können. Dem widerspricht Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann: „In Stuttgart ist die Situation gut.“

Die Schwimmverbände des Landes zeichnen ein düsteres Bild: Rund zwei Drittel der Kinder verließen die Grundschule, ohne schwimmen zu können. Dem widerspricht Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann: „In Stuttgart ist die Situation gut.“

Stuttgart - Die Miene von Heinz D. Frommel signalisiert: Jetzt wird es ernst. Der Vorsitzende des Landesverbands der Sportlehrer hat schlechte Nachrichten zum Thema Schulschwimmen. „Die Schwimmfähigkeit von Kindern nimmt zum Teil desaströse Züge an. Hier muss dringend und nachhaltig eine Verbesserung erzielt werden“, sagt er bei einer Pressekonferenz im Stuttgarter SpOrt am Neckarpark und liest einen Forderungskatalog mit zehn Punkten vor, den er zusammen mit den Schwimmverbänden des Landes ausbaldowert hat.

Die Kernpunkte lauten: Kein Kind darf die Grundschule ohne Schwimmfähigkeit verlassen. Die Sportlehrer der Grundschule brauchen eine bessere Ausbildung und mehr Kompetenz. Und kein Schwimmbad darf geschlossen werden. Frommel: „Zwischen 2007 uns 2012 wurden im Land 26 Bäder geschlossen, nur drei neu gebaut.“

Der Hintergrund dieser Forderungen an alle Bildungs- und Wissenschaftspolitiker sowie an die Kommunen leuchtet ein. Jedes Kind, das ums Leben kommt, weil es nicht schwimmen kann, ist eines zu viel. Tatsächlich ertranken im Jahr 2013 250 Menschen in Deutschland. Im Land waren es 32 Jugendliche unter 15 Jahren, die im Wasser ums Leben kamen. Was eine Verdopplung der Zahl zu 2012 ausmacht. Diese Statistik zeigt laut Frommel, wie wichtig das Thema zum Schutze der Kinder sei. Ganz unabhängig von den positiven Auswirkungen des Schwimmsports auf die Gesundheit der Kinder.

Schwierigkeiten und Engpässe bei Sanierungen

Im Staatlichen Schulamt in Stuttgart lösen die Forderungen der Schwimmer Zustimmung aus. „Wir können alles unterschreiben“, sagt Sport-Schulrätin Monika Hölzle, „das sehen wir alles genauso.“ Allerdings: Von einer „andauernden Misere des Schwimmens an den Schulen“ (Frommel) wollen sie und Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) nichts wissen. „In Stuttgart ist die Situation in den Schulen gut“, sagt Eisenmann, „bei uns steht auch keine Schließung an.“ Eines muss die Bürgermeisterin aber einräumen: „Wenn es zu Sanierungen wie in Sonnenberg, Feuerbach oder Heumaden kommt, gibt es Schwierigkeiten und Engpässe. Letztlich bekommen wir auch das hin.“ Beispiel Möhringen: Dort müssen die Kinder der beiden Grundschulen nach Plieningen ausweichen, bis das Sonnenberger Bad im Frühjahr wieder öffnet.

„Im Grunde ist es so, dass alle 72 Grundschulen im Prinzip Schwimmunterricht so anbieten, dass ein großer Teil der Kinder schwimmen lernt“, sagt Schulrätin Hölzle. Dies bedeutet zwar nicht, dass alle vier Grundschuljahre durchgehend unterrichtet, aber meistens das Ziel des Bildungsplans erreicht wird. Nämlich, dass die Kinder nach der Grundschule schwimmen können.

„Bronze ist ein hehres Ziel“

Dem widerspricht Hans-Peter Eckstein von der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG): „Wir definieren die Schwimmfähigkeit anders als die Schulen.“ Die DLRG versteht darunter, dass man sich im Wasser selbstständig bewegen kann und das Jugendschwimmabzeichen Bronze erreicht. „Bronze ist ein hehres Ziel“, sagt Monika Hölzle dazu. Das Schulamt definiere die Schwimmfähigkeit daher durch das Seepferdchen-Abzeichen – die Kinder sollen 25 Meter weit schwimmen können. Und diese Fähigkeit erlangen immer mehr Stuttgarter Grundschüler. Im Schuljahr 2008/2009 gab es an den 72 Schulen noch 18 Prozent Nichtschwimmer. „Diese Zahl hat sich deutlich verbessert“, sagt Monika Hölzle. Das letzte Umfrage-Ergebnis des Schulamts stammt vom November 2013. Danach verlassen zwischen 90 und 100 Prozent der Schüler von 50 Prozent aller Schulen diese als Schwimmer. Bei weiteren 21 Prozent der Schulen liegt die Quote zwischen 80 und 90 Prozent. „Zudem rechnen wir mit einer weiteren Verbesserung der Situation“, sagt Monika Hölzle. Mit anderen Worten: In Stuttgart ist die Lage keineswegs so „desaströs“, wie sie von den Schwimmverbänden dargestellt wird. Hölzle sieht daher weniger Handlungsbedarf an der städtischen Infrastruktur, der Organisation des Schwimmunterrichtes oder der Qualität der Sportlehrer – die Schulrätin setzt bei den Eltern an: „Sie sind der Schlüssel zum Erfolg. Deshalb sprechen wir sie ganz gezielt bei den Elternabenden an. Sie müssen ihre Kinder unterstützen.“

In diesem Fall ist sich Heinz D. Frommel, der selbst an einer weiterführenden Schule Schwimmen unterrichtet, mit Monika Hölzle einig: „Die Unterstützung der Eltern ist wichtig. Wir sehen zudem, dass es bei Eltern von Migrantenkindern oder sozial schwachen Familien Probleme gibt.“