Szene aus "Dinner für Spinner" in der Komödie im Marquardt: Axel Weidemann, Jürgen Mai, Ulrike Mai, Dirk Waaders und Walter Schultheiß (v. li.). Foto: Sabine Frahm

Vebers Kinoerfolg "Dinner für Spinner" kommt in der Komödie im Marquardt auf die Bühne.

Stuttgart - Pierre Brochant ist eitel und herablassend. Erst ein unerwünschter Besucher schafft es, den Zyniker an den Rande eines Nervenzusammenbruchs zu treiben. Ein Besuch bei den Proben des Stücks "Dinner für Spinner", das Freitag um 20 Uhr in der Komödie im Marquardt Premiere feiert.

Dampf kringelt sich aus dem Kaffeebecher. Regisseur Manfred Langner nimmt einen Schluck. "Alle am Start? Dann geht es los." Musik wummert aus der Stereoanlage. "Licht aus!" Die Schauspieler zupfen ein letztes Mal an der Kleidung. "Vorhang auf!" Alle gehen in Position. "Licht an!" Die Türschelle kreischt. Christine Brochant öffnet die Tür und schlendert zu ihrem Mann Pierre.

Ein Wohnzimmer irgendwo in Paris

Kein Mucks ist zu hören von den anderen Personen im Raum. Schauspieler, Regieassistentin, Requisiteurin und Techniker warten hinter den Kulissen oder an der Seite auf ihren Einsatz. Regisseur Langner starrt konzentriert in den kleinen Raum, der vor ihm aufgebaut ist. Immer wieder kritzelt er Notizen auf Blätter. "Wir lassen den ersten Teil durchlaufen, ohne zu unterbrechen, außer wenn es nötig ist. Noch Fragen?"

Während der Proben zur Komödie "Dinner für Spinner" verzieht Jürgen Mai das Gesicht. Er spielt Pierre Brochant, eine der Hauptfiguren in "Dinner für Spinner". Seine Augen blicken schnell zu Regieassistentin Sandra Böhme. "...sind zwei..." - bei Texthängern hilft sie weiter.

Klack, klack, klack. Von draußen hallen Schritte und leises Murmeln in den Probenraum. Nebenan werden Kulissen gezimmert. Was im Proberaum steht, ist eine verkleinerte Version des späteren Bühnenbilds. Ein Wohnzimmer irgendwo in Paris. Hinter der Balkontür erahnt man die Häuserfassaden der Altstadtgebäude. Ein Sofa thront in der Mitte des Raumes, davor ein schwerer Couchtisch, Sessel, im Hintergrund die Tür. Gemälde aller Kunstrichtungen hängen an der Wand. "Soll das Bild überm Kamin höher?" Langner spricht mehr mit sich selbst als in die Runde.

Das perfekte Opfer

"Ich habe ,Dinner für Spinner' vor 15 Jahren in Paris zum ersten Mal gesehen. Es war zunächst fürs Theater konzipiert", sagt er in einer Probenpause. 1998 wurde das Stück vom französischen Autor Francis Veber selbst verfilmt - ein großer Erfolg, so dass den meisten Menschen beim Stichwort "Dinner für Spinner" zuerst die Kinoversion einfällt. Das soll sich durch die Inszenierung ändern. Langner: "Diese Komödie ist ungewöhnlich. Hier in Stuttgart passt sie gut ins Programm, und wir haben eine interessante Besetzung."

Neben den Schauspielern Jürgen und Ulrike Mai, die das Paar Brochant mimen, ist damit vor allem Publikumsliebling Walter Schultheiß gemeint. Extra für ihn wurde die Rolle des senilen Arztes ausgebaut. Doch der eigentliche Star des Stücks ist FranÛois Pignon, gespielt von Axel Weidemann. Pignon und Brochant: Feuer und Eis, Katz und Maus. Zwei Charaktere, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier der erfolgreiche Frauenheld Pierre Brochant, da der kleinbürgerliche Finanzbeamte und vermeintliche Idiot Francois Pignon.

Das perfekte Opfer

Einmal in der Woche treffen sich Brochant und Gleichgesinnte zu einem Dinner. Jedes Mal bringt ein Teilnehmer einen Trottel mit, über den sich alle lustig machen. Der Gast weiß davon selbstverständlich nichts. Francois ist das perfekte Opfer: Mit Leidenschaft klebt er Bauwerke wie den Eiffelturm aus Streichhölzern. "Das ist ein Spinner, ein Blödmann" versichert Brochant. "Guten Tag, Monsieur Brochant, wie geht es Ihnen?" FranÛois Pignon ist da. Das Gesicht leuchtet. Die Augen sind weit aufgerissen. Brochant geht es wegen eines Hexenschusses zwar schlecht, und er hat keine Lust mehr auf das Dinner, aber nun ist der Trottel schon da und erweist sich als schlimme Klette.

Pierre Brochant steckt sich eine Zigarette an. Sofort schwebt der aufdringliche Geruch von Tabak durch den kleinen, stickigen Raum. "Das ist eine nikotinlose Kräuterzigarette. Ist vielleicht sogar gesund", scherzt Langner. "Eine Viertelstunde Pause, dann geht es weiter", gibt der Regisseur und Intendant an. "Wir proben seit vier Wochen. Noch habe ich vier Seiten Kritik, und es gibt einiges zu verbessern, aber ich bin guter Dinge."

Der erste Akt ist vorbei. Die Schauspieler verschwinden auf den Gang und hinter die Kulissen. Ein Wurstbrötchen liegt angebissen auf einem Teller. Requisiteure und Technikers springen auf und machen sich an den Umbau. Sie schleppen die Holzmöbel aus dem stattlichen Wohnzimmer und stellen schäbige weiße Gartenstühle und einen Plastiktisch in den Raum. Die teuren Gemälde werden abgehängt und durch Fotos ersetzt. Der Eiffelturm. Die Golden Gate Bridge, gebaut aus Streichhölzern. Voila, willkommen zu Hause bei Francois Pignon. Das Spiel kann weitergehen.