Foto: dpa

Mauernsetzen, Tapezieren, Streichen – Ute Vogt packt gerne an. Beim Umbau ihres neuen Eigenheims in Botnang, das sie im Juni gekauft hat und derzeit mit ihrem Lebensgefährten renoviert.

Stuttgart - Mauernsetzen, Tapezieren, Streichen – Ute Vogt packt gerne an. Beim Umbau ihres neuen Eigenheims in Botnang, das sie im Juni gekauft hat und derzeit mit ihrem Lebensgefährten renoviert. Und in jüngster Zeit auch wieder politisch – zumal ihre Partei, die SPD, in den vergangenen Jahren mehr und mehr zur Baustelle wurde. „Ich arbeite gerne handwerklich, dass ist ein Ausgleich zur politischen Arbeit“, sagt die 44-Jährige. „Man sieht am Abend, was man geschafft hat – so ein unmittelbares Arbeitsergebnis hat man in der Politik selten.“

Lange hat sich die 44-Jährige geziert. Mehrere Kreisverbände wollten die Landesvorsitzende bei der Bundestagswahl ins Rennen schicken und handelten sich einen Korb ein. Im Sommer 2007 hatte sie eine Rückkehr in den Bundestag kategorisch ausgeschlossen und blieb lange standhaft. Erst als Cornelia Füllkrug-Weitzel, die Direktorin der Hilfsorganisation Brot für die Welt, im Oktober 2008 überraschend ihre Kandidatur für den Süd-Wahlkreis Stuttgart I zurückzog, lenkte Vogt ein. "Als Landesvorsitzende in der Landeshauptstadt antreten - das ist noch einmal ein Neuanfang", sagt die leidenschaftliche Motorradfahrerin, die jetzt noch einmal politisch Gas geben will.

Seit gut einem Monat beackert Vogt den heiß umkämpften Wahlkreis, zu dem neben den Fildergemeinden auch Hedelfingen und große Teile der Innenstadt gehören, und der dank der prominenten Kandidaten Cem Özdemir (Grüne) und Ute Vogt bundesweites Interesse weckt. An Infoständen, bei Spaziergängen und auf Wochenmärkten sucht sie das Gespräch, verteilt rote Quietscheentchen an Kinder und Prospekte an die Eltern. Sie diskutiert mit Müttern über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, mit Religionslehrerinnen über soziale Gerechtigkeit und mit Landwirten über Agrardiesel. Einzig bei der Kernenergie lässt sie nicht mit sich reden: "Der Ausstieg aus der Atomenergie ist einer der wenigen Punkte, die ich für nicht verhandelbar halte."

Mit den Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und im Saarland sei endlich "Leben in den Bundestagswahlkampf" gekommen, "jetzt wird endlich auch politisch diskutiert". Mit Platz eins auf der Landesliste hat die einstige Staatssekretärin von Innenminister Otto Schily zwar einen Sitz im Bundestag sicher, dennoch will sie, wie schon 1998 in Pforzheim das Direktmandat für ihre Partei holen. Zumal 2005 dem SPD-Kandidaten nur 850 Stimmen fürs Direktmandat fehlten, das im Wahlkreis seit langem zwischen CDU und SPD pendelt.

"Ich bin gelassener als früher, weil ich weiß, dass ich nicht darauf angewiesen bin, nur Politik zu machen", sagt die Juristin. Erst vergangenes Jahr an Pfingsten hat sie ihre Berliner Bleibe aufgegeben. "Ich hatte mich fest auf eine berufliche Zukunft als Rechtsanwältin eingestellt", erklärt Ute Vogt schmunzelnd. Jetzt muss sie sich erneut auf Wohnungssuche machen - gerne auch mit etwas Renovierungsbedarf.