Felix Brych bekam für seine Leistungen bei der EM viel Lob. Foto: dpa/Laurence Griffiths

Der überragende deutsche EM-Schiedsrichter Felix Brych beendet seine internationale Karriere - und geht mit einem Knalleffekt.

Frankfurt/Main - Beim angekündigten Abschied von der ganz großen Bühne ließ es Felix Brych ziemlich laut krachen. Dass der deutsche Schiedsrichter nach den überragenden Vorstellungen bei der zurückliegenden Fußball-EM seine internationale Karriere beenden wird, war jedenfalls weit weniger überraschend als die indirekten Vorwürfe in Richtung seines früheren Bundesliga-Kollegen Manuel Gräfe.

Der sonst in der Öffentlichkeit eher zurückhaltende Brych kritisierte Gräfe heftig für dessen Rolle in der Debatte um die Altersgrenze - ohne dabei allerdings den Namen zu nennen. „Im Rahmen dieser Diskussion wurde auch massiv gegen Werte verstoßen, die einen Top-Schiedsrichter ausmachen. Ein Top-Schiedsrichter wird nämlich nur dann aktiv, wenn es erforderlich ist“, sagte Brych dem kicker: „Er drückt einer Sache oder einem Spiel nicht seinen eigenen Stempel auf.“

Gräfe mit Klage

Gräfe hat im Anschluss an den wochenlangen Streit um seinen „vorzeitigen Ruhestand“ nach dem Ende der vergangenen Saison den Deutschen Fußball-Bund (DFB) verklagt, weil er die Schiedsrichter-Altersgrenze von 47 Jahren als diskriminierend ansieht. Dafür wurde der Berliner sowohl gelobt als auch gescholten.

Nur Lob erhielt Brych von Gräfe-Gegenspieler Lutz Michael Fröhlich. „Felix ist der Schiedsrichter mit den meisten Spielen in der Champions League, hat an fünf großen Turnieren der FIFA oder UEFA teilgenommen, dabei auch ein Finale der Champions League geleitet“, sagte der deutsche Schiedsrichter-Chef: „Viele seiner Spiele, zu denen er im Laufe seiner Karriere nominiert wurde, waren sehr brisant und schwierig zu leiten. Mit seinem tollen Auftritt bei der EURO rundet Felix seine außergewöhnlich erfolgreiche internationale Schiedsrichterkarriere ab.“

Anerkennung für Brych

Dass Brych im Zenit geht, spricht für ihn. „Man benötigt über Wochen eine spezielle Form an Motivation und Fokus, um ein solch großes Turnier erfolgreich zu bestreiten“, äußerte der Jurist, der als erster Referee fünf Partien bei einer EM-Endrunde leiten durfte: „Ich glaube nicht, dass ich diese Leistung international wiederholen kann. Deswegen werde ich kein weiteres Turnier mehr pfeifen und meine internationale Karriere zum Jahreswechsel hin beenden.“

Brych, für den 300 Bundesliga-Partien, 96 Europacup-Begegnungen und 55 Länderspiele zu Buche stehen, hätte sich keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können. Denn obwohl der 45-Jährige bereits Endspiele im DFB-Pokal (2015 und 2021), in der Europa League (2014) und der Champions League (2017) gepfiffen hat, stand er nie zuvor derart im Blickpunkt wie bei der zu Ende gegangenen Endrunde - und nie zuvor erhielt er so viel Anerkennung.

Wiedergutmachung für 2018

Die EM wurde zur Rehabilitierung Brychs, der bei der WM-Endrunde 2018 in Russland nach nur einem Vorrundenspiel vom Weltverband FIFA aus dem Turnier genommen worden war. Für viele Beobachter war das Vorgehen der FIFA damals nicht nachvollziehbar gewesen.

In der Bundesliga will Brych die beiden Spielzeiten bis zum Erreichen der Altersgrenze noch absolvieren - und genießen: „Ein großes, erfolgreiches internationales Turnier hat mir in meiner Karriere noch gefehlt. Jetzt fühlt sich meine Laufbahn vollkommen an.“