Die Deutsche Bahn fährt im ersten Halbjahr des aktuellen Jahres Verluste ein. (Symbolbild) Foto: IMAGO/Jan Huebner/IMAGO/Blatterspiel

Die Deutsche Bahn verzeichnet Verluste in Höhe von 62 Prozent auf 331 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2023. Zugleich verzeichnete sie mehr Fahrgäste, was vor allem einen Grund hat.

Die Deutsche Bahn hat im ersten Halbjahr einen starken Zuwachs an Fahrgästen verzeichnet - aber einen Einbruch beim Gewinn. 808 Millionen Reisende nutzten den Regionalverkehr, rund 11,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie der Konzern am Donnerstag in Berlin mitteilte. Im Fernverkehr waren es mit 68 Millionen Fahrgästen 15,4 Prozent mehr. Der Betriebsgewinn sank jedoch um rund 62 Prozent auf 331 Millionen.

Den deutlichen Verlust hat die Bahn im ersten Halbjahr aufgrund von Kostensteigerungen und hoher Investitionen ins Schienennetz eingefahren. Rund 71 Millionen Euro betrug der Fehlbetrag unterm Strich, also nach Zinsen und Ertragssteuern, in den ersten sechs Monaten dieses Jahres. Im Vorjahreszeitraum stand noch ein Gewinn von rund 424 Millionen Euro.

Bei DB Schenker laufen die Geschäfte prächtig

Dass zumindest vor Zinsen und Steuern ein um Inflationseffekte bereinigter operativer Gewinn (Ebit) von 331 Millionen Euro herauskam, hat der Konzern erneut der gut laufenden Logistiktochter DB Schenker zu verdanken. Das Unternehmen habe im ersten Halbjahr 2023 einen deutlichen operativen Gewinn von 626 Millionen Euro erzielt, teilte Bahnchef Richard Lutz mit. Derzeit prüft der Konzern allerdings einen Verkauf des Logistikkonzerns.

Die erhöhte Fahrgastzahl dürfe auch auf das Deutschlandticket zurückgehen, das in den letzten beiden Monaten des ersten Halbjahrs – im Mai und Juni – bereits galt. Dies legt auch ein Vergleich mit den Zahlen vom ersten Halbjahr 2019 vor der Corona-Krise nahe: Die Zahl der beförderten Reisenden im Regionalverkehr lag damals mit 782 Millionen unter dem diesjährigen Wert mit 808 Millionen. Im Fernverkehr dagegen wurde das Vorkrisenniveau von 71,8 Millionen Fahrgästen noch nicht wieder erreicht.

DB-Konzernchef Richard Lutz verwies auf „verschärfte Rahmenbedingungen“ für das Kerngeschäft: Zum einen müssten die hohen Investitionen mit hohen Zinsen finanziert werden, zugleich „müssen wir vieles zu erheblich höheren Preisen einkaufen“. Die anstehenden Tarifabschlüsse führten „ebenfalls zu höheren Kosten“, sagte Lutz. Für das Gesamtjahr 2023 werde nun bei 51 Milliarden Euro Umsatz mit einem operativen Verlust von einer Milliarde Euro gerechnet.

Tarifstreit kommt Bahn teuer zu stehen

Im Tarifstreit mit der Eisenbahngewerkschaft EVG hatte das Schlichtergremium am Mittwoch die nach dessen Angaben teuerste Tarifanhebung in der DB-Geschichte empfohlen. Lutz sprach von einer finanziellen Belastung „an der Grenze von dem, was wirtschaftlich vertretbar ist“. Auch mit der Lokführergewerkschaft GDL stehen noch Tarifverhandlungen an.

Dazu, ob sich dies mittelfristig in spürbaren Preiserhöhungen für die Fahrgäste niederschlagen werde, wollte sich der DB-Chef nicht äußern. Über die Preisentwicklung werde im Herbst beraten. Lutz betonte jedoch, dass weiteres Wachstum vor allem über eine „Ausweitung der Verkehrsleistung“ geschehen solle. „Die Nachfrage steigt, immer mehr Kunden wollen mit uns fahren und ihre Güter transportieren.“

Zur Pünktlichkeit im Personenverkehr sagte Lutz: „Wir haben gesehen, dass wir nicht die Erwartungen unserer Kunden erfüllt haben und auch unserem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden sind“. Im ersten Halbjahr waren nur 68,7 Prozent der Fernzüge pünktlich. Untersuchungen zur Kundenzufriedenheit hätten gezeigt, „dass die Kunden das ein Stück weit akzeptieren“. Besonders mit den geplanten Generalsanierungen auf zentralen Strecken werde sich die Lage jedoch verbessern, sagte der Bahn-Chef. 

Schienennetz und Pünktlichkeit sollen verbessert werden

Der Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel begrüßte „das steigende Interesse an der Nutzung der Bahn“. Berichte zum Zustand der Infrastruktur und die schlechten Pünktlichkeitswerte zeigten aber auch „dringliche Handlungsbedarfe seitens Konzern und Politik“, fügte er hinzu. „Ohne eine leistungsfähigere, modernere und weniger störanfällige Infrastruktur lassen sich keine nennenswerten Verkehrsverlagerungen auf die Schiene bewältigen.“

Den Gewinneinbruch führte die Deutsche Bahn auch auf eine „Normalisierung der Frachtraten in der Luft- und Seefracht“ zurück - diese Entwicklung habe sich auf die Logistik-Tochter DB Schenker ausgewirkt. Das international tätige Unternehmen war im vergangenen Jahr der Gewinnbringer im Konzern gewesen. Im ersten Halbjahr diesen Jahres konnte Schenker erneut einen „deutlichen operativen Gewinn von 626 Millionen Euro erzielen“.

Das war 47 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum, aber immer noch eine Verdreifachung im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019. Der Bahnkonzern prüft seit vergangenem Jahr einen Verkauf der Tochterfirma. Dieses Vorhaben „läuft nach Plan“, sagte Finanzvorstand Levin Holle. Nähere Angaben zum Zeitplan machte er nicht.