Auf der Cannstatter Straße Foto: Michael Steinert

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost lehnt das Großprojekt ab, hält die mit dem Tunnelbau verknüpften verkehrslenkenden Maßnahmen aber für wichtig und fordert ihre Finanzierung.

S-Ost - Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost hat in seiner Sitzung am Mittwochabend den Bau des Rosensteintunnels erneut mehrheitlich abgelehnt. Die Mehrheit von Grünen, SPD und SÖS/Die Linke befürchtet, dass durch das 200-Millionen-Euro-Projekt mehr Verkehr durch den Stadtbezirk Ost fließt und mehr Lärm, Feinstaub sowie noch schlechtere Luft in einigen ohnehin schon hoch belasteten Stadtteilen erzeugt. Der Vorsitzende der SPD Stuttgart-Ost und stellvertretende SPD-Kreisvorsitzende, Daniel Campolieti, sagte: „Das ist ein Projekt aus dem vergangenen Jahrhundert und wir hoffen, dass es das letze derartige Projekt bleibt.“ Nach Meinung der Grünen sollte der Millionenbetrag sinnvoller in der Stadt investiert werden.

Die verkehrslenkenden und städtebaulichen Begleitmaßnahmen im Stuttgarter Osten im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Rosensteintunnel/Leuzetunnel billigte der Bezirksbeirat dagegen mehrheitlich. Dabei wurde argumentiert, dass die insgesamt neun in Stuttgart-Ost vorgesehenen Maßnahmen auch ohne den Bau des Tunnels für den Stadtbezirk wichtig seien, um ihn vom Durchgangs- und Schleichverkehr zu entlasten. Für die Stadtbezirke Bad Cannstatt und Zuffenhausen sind jeweils sieben derartige Maßnahmen vorgesehen.

Kritik vom Bezirksvorsteher

Martin Körner, der Bezirksvorsteher von Ost, hatte im Vorfeld der Beratungen in einer Pressemitteilung heftig kritisiert, dass immer noch nicht alle Begleitmaßnahmen für den Osten finanziert seien. Körner: „Es kann nicht sein, dass Zuffenhausen und Bad Cannstatt alles finanziert bekommen, der Stuttgarter Osten aber nicht! Ich fordere den Gemeinderat und die Stadtverwaltung dringend auf, den Umbau der Brendle-Kreuzung und des oberen Teils der Tal-straße endlich abzusichern. Nur so kann es im oberen Gaisburg und in der Talstraße leiser, weniger dreckig und damit auch lebenswerter werden!“ In diesem Sinne forderte der Bezirksbeirat in seinem Beschluss vom Mittwoch dann auch, die Mittel dafür im nächsten Doppelhaushalt bereitzustellen.

Das Ziel des Großteils der Begleitmaßnahmen zu dem Tunnelprojekt ist, den Verkehr auf den Bundesstraßen zu halten und zu verhindern, dass bei Stau auf der B10/B14 beispielsweise über die Talstraße oder die Hackstraße mitten durch den Stadtbezirk ausgewichen wird, wie das heute fast täglich geschieht.

Umlenkung der Verkehrsströme

Durch den Umbau der Brendle-Kreuzung an der Gemarkungsgrenze zum Stadtbezirk Wangen soll künftig der Hauptverkehrsstrom in Richtung Gaisburger Brücke und Talstraße über die Ulmer Straße gelenkt werden. An der Einmündung Ulmer Straße/Talstraße soll eine Ampelanlage installiert werden, durch die auch ein Abbiegen in Richtung Innenstadt ermöglicht werden soll. Das ist heute dort nicht erlaubt. Gleichzeitig ist ein Umbau der Kreuzung Wangener Straße/Talstraße vorgesehen, der ebenso wie die Umgestaltung der Talstraße im weiteren Verlauf in Richtung Innenstadt diesen Bereich für den Durchgangsverkehr unattraktiv machen soll.Darüber hinaus sind zur Entlastung der Neckarstraße ein Anschluss der Werderstraße an die B14 sowie ein Rückbau der Kreuzung Stöckach geplant. Ein Bestandteil des Gesamtprojekts Rosensteintunnel ist ein neuer, lärmmindernder Belag für die Bundesstraße vom Ausgang des neuen Leuzetunnels bis zur Poststraße.

Auch der Bezirksbeirat Stuttgart-Mitte hat sich mit dem Tunnelprojekt befasst – und verlangt, über den aktuellen Planungsstand informiert zu werden.

Geht es nach dem Willen des Bezirksbeirats Mitte, muss der Gemeinderat seine Entscheidung über den Rosensteintunnel vertagen. Die Lokalpolitiker fordern eine weitere Beteiligung – sowohl ihre eigene als auch die der Bürger. Vom Tunnelbau ist die Stadtmitte nicht betroffen, allerdings befürchten insbesondere die Anwohner am mit Feinstaub überbelasteten Neckartor, dass die Unterfahrung zusätzlichen Verkehr vor ihre Häuser locken wird.

Gegen das umstrittene Großprojekt sind mehr als 1600 Einsprüche von Bürgern eingegangen. Dass diese Bürger und alle beteiligten Bezirksbeiräte Anspruch auf eine abschließende Information haben, ist die Mehrheitsmeinung. Ein entsprechender Antrag der Grünen wurde bei drei Gegenstimmen angenommen. Schließlich seien vor den ersten Beschlüssen zum Thema alle Beiräte zu einer gemeinsamen Sitzung eingeladen worden, argumentierte Annegret Breitenbücher für die Öko-Fraktion. Den endgültigen Beschluss zu fällen, ohne ihre Meinung zu hören, sei unlogisch.

Allerdings sieht die Gemeindeordnung nach Auskunft des städtischen Rechtsamts lediglich eine einmalige Information vor. Eine abschließende Anhörung der untersten politischen Gremien ist formal nicht zwingend. „Ich finde es erbärmlich, wenn die Verwaltung sich hinter Regelungen zurückzieht“, sagte Breitenbücher.