Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Selbsttötung lässt alte Debatten wieder aufleben. Foto: dpa

Dürfen Behörden Schwerkranken helfen, ihr Leben zu beenden? Die Antwortsuche ist eine Gratwanderung, meint unser Kommentator.

Stuttgart - Die Praxis der Sterbehilfe ist um eine Variante reicher: passive Sterbehilfe mit aktiver Unterstützung durch eine Bundesbehörde. Beamte entscheiden künftig darüber, wer todbringende Medikamente bekommt, damit er sich selbst schmerzlos das Leben nehmen kann.

Die Bundesverwaltungsrichter haben entschieden, ohne sich um die Umsetzbarkeit ihrer Grundsatzentscheidung zu kümmern. Juristisch mag das Urteil ein Meilenstein sein. Für die medizinische Praxis, in der es um konkrete Menschen geht, wirft es aber nur noch mehr Fragen auf. Wer entscheidet, bis zu welchem Zeitpunkt ein Patient „seinen Willen frei bilden“ kann? Wie lange dauert das Genehmigungsverfahren beim Bundesinstitut für Arzneimittel, bis dass die erlösenden Medikamente im Briefkasten liegen?

Die Mühlen von Behörden mahlen langsam. Der Patient könnte bis zur Klärung seiner Anfrage längst gestorben sein. Wird der Staat zum „Handlanger der Beihilfe zur Selbsttötung“? Gemach, Herr Minister Gröhe! Polemische Gegenrufe verdecken, dass dieses Urteil zwar unbestritten kontrovers, aber nicht sehr praktikabel ist.