Die geplanten Änderungen am Elterngeld könnten negative Folgen auf die Gleichberechtigung bei jungen Eltern haben. Foto: IMAG/O/Ute Grabowsky

Das Elterngeld soll für mehr Kinder und gleichberechtigtere Partnerschaften sorgen. Hat es das erreicht? Und welche Folgen hätte die diskutierte Kappung der Einkommensgrenze? Daten und ein Experte geben die Antwort.

Derzeit wird viel über das Elterngeld diskutiert und wer es bekommen soll oder nicht. Was hat es seit seiner Einführung 2006 überhaupt gebracht? Wurden die Ziele erreicht?

Das Elterngeld soll finanzielle Probleme im ersten Lebensjahr des Kindes abfedern und damit als Anreiz für mehr Geburten dienen. Außerdem ist es als Anreiz gedacht, dass Vater und Mutter sich gemeinsam um die Kinderbetreuung kümmern. Tatsächlich ist das Elterngeld über die Jahre immer beliebter geworden. Von 2009 bis 2020 ist der Anteil der Mütter, die Elterngeld bekommen, um 115 Prozent gestiegen – bei den Vätern beträgt das Plus sogar 209 Prozent.

Aus den Zahlen spricht, dass mittlerweile wieder mehr Kinder geboren werden als Mitte der 2000er Jahre. Das hat einerseits mit der Demografie zu tun: Derzeit freuen sich die Kinder der Babyboomer über Nachwuchs; diese Gruppe ist größer als die Generation, die vor 20 Jahren Eltern wurde.

Wende bei der Geburtenziffer

Doch nicht nur in absoluten Zahlen werden heute mehr Kinder geboren. Statistisch brachte 2006 jede Frau 1,33 Kinder zur Welt, 2021 waren es 1,58:

Auch wenn das Elterngeld nicht der einzige Faktor ist, der zu den steigenden Geburtenzahlen beigetragen hat – ein Anreiz ist es allemal. Das Elterngeld gibt eine gewisse finanzielle Stabilität rund um die Geburt des Kindes.

Väter nehmen oft nur zwei Monate

Was ist mit dem zweiten Ziel des Elterngelds, nämlich dass Väter und Mütter sich die Kinderbetreuung nach der Geburt gleichmäßiger aufteilen?

Das Schaubild zeigt: Bei der Verteilung der Kinderbetreuung gibt es nach wie vor große Unterschiede zwischen Müttern und Vätern. Der Großteil der Väter bezieht nur bis zu zwei Monate nach der Geburt Elterngeld und kehrt dann zurück zur Arbeit. Immerhin steigt der Anteil der Väter, die vom Elterngeld Gebrauch machen. Handlungsbedarf besteht dennoch weiterhin, wie aus der Bilanz zu 15 Jahren Elterngeld hervorgeht.

Ist die Elterngeld-Diskussion schädlich?

Die jetzt diskutierten Einschränkungen beim Elterngeld betreffen etwa fünf Prozent aller Paarhaushalte in Deutschland. Die Debatte sei dennoch „kein Elitendiskurs“, sagt Mathias Huebener. Letztlich könnten Paare mit um die 150 000 Euro Jahreseinkommen dazu tendieren, ihre Karrieren zu vertagen oder auf Aufstiegschancen zu verzichten. Zudem vermutet er, dass infolge der Änderungen weniger Väter Elternzeit nehmen und sich weniger um die Kinderbetreuung kümmern. Zudem seien Familien mit hohen Einkommen künftig „noch stärker darum bemüht, sich einen Kita-Platz zu sichern – zum Leidwesen benachteiligter Gruppen“.

Vor allem befürchtet der Experte eine Trendwende – also dass sich die hier gezeigten Entwicklungen nicht fortsetzen. Die Änderungen sendeten ein negatives Signal, weil die Elternzeit wie ein finanzielles Risiko wirke: „Die vorgeschlagenen Veränderungen würden für die betroffene Gruppe die ursprünglichen Ziele des Elterngeldes konterkarieren, vermutlich einen negativen Effekt auf das Geburtenverhalten haben, und starke Anreize setzen, zu einer tradierten Aufteilung der Care-Arbeit zurückzukehren. Insbesondere wenn Mütter vor der Geburt weniger verdienen als Väter, wäre Verstärkung der klassischen Rollenaufteilung zu erwarten.“

Was ist Elterngeld – und was soll sich ändern?

Elterngeld
Das Elterngeld soll sicherstellen, dass Eltern nach der Geburt ihr Kind betreuen, ohne finanziell zu starke Einbußen hinnehmen zu müssen. Es ist eine Einkommensersatzleistung und deckt zwei Drittel des vorgeburtlichen Nettoeinkommens ab – mindestens 300 und maximal 1800 Euro im Monat. Der Anspruch gilt für zwölf Monate; wenn beide Eltern mindestens zwei Monate lang Elterngeld beziehen, erhöht er sich auf 14 Monate. Mit dem 2015 eingeführten Elterngeld Plus kann außerdem der halbe Elterngeldbetrag für die doppelte Dauer bezogen werden und es gibt zusätzliche Ansprüche, wenn beide Elternteile in Teilzeit arbeiten.

Änderung
Mit dem Bundeshaushalt 2024 soll der Kreis der Menschen mit Anspruch auf Elterngeld verkleinert werden. Bislang liegt für Paare die Grenze bei 300 000 Euro zu versteuerndem Jahreseinkommen, von 2024 an soll sie auf 150 000 Euro abgesenkt werden.