Zuckerberg gibt sich reumütig – dass dies vor dem Kongress ausreicht, gilt als unwahrscheinlich. Foto: AFP

Nach dem Datenskandal kämpft Facebook-Chef Mark Zuckerberg um sein Geschäftsmodell­ – nächste Woche Mittwoch auch vor dem US-Kongress.

Washington - Seinen Optimismus lässt sich Mark Zuckerberg nicht nehmen. „Wir werden uns aus dem Loch herausgraben, aber es wird ein paar Jahre dauern“, verkündet der Chef des weltgrößten Online-Netzwerks Facebook. Beim Bekanntwerden des Datenskandals um die Firma Cambridge Analytica war der 33-Jährige zunächst abgetaucht. Nachdem die Kritik am lässigen Umgang von Facebook mit den Persönlichkeitsrechten seiner Nutzer auch in den USA immer lauter wird, startet er nun eine Interview-Charmeoffensive. Am kommenden Mittwoch soll der Milliardär im US-Kongress befragt werden. Das einstige Wunderkind der Tech-Branche muss um sein Geschäftsmodell kämpfen.

„Wir sollten nicht Facebook bitten, das Problem zu reparieren. Wir müssen Facebook reparieren.“ Dieser pointierte Einstieg des Schriftstellers Matt Taibbi zu einer fulminanten Abrechnung mit dem Konzern im Magazin „Rolling Stone“ drückt eine weitverbreitete Stimmung in Amerika aus. „Zuckerberg sollte nicht so viel Macht haben, wie er im Augenblick besitzt“, fordert auch die „New York Times“. Für demokratiegefährdend hält gar Rechtsprofessor Tim Wu von der Columbia Law School in New York die Online-Plattform mit ihren zwei Milliarden Mitgliedern: „Facebook ist einfach zu groß geworden.“ Selbst Apple-Chef Tim Cook pflichtet bei: „Möglicherweise ist eine gut gemachte Regulierung erforderlich.“   Noch halten sich die meisten US-Politiker mit konkreten Ankündigungen zurück. Doch der demokratische Senator von Massachusetts, Ed Markey, ist bereits mit der Forderung nach einem Gesetz zum Schutz der Privatsphäre vorgeprescht, das jedem Amerikaner volle Transparenz über die Verwendung seiner Daten und ein Einspruchsrecht einräumen müsse.

Mittwoch wird Zuckerberg vor dem Handelsausschuss des Repräsentantenhauses erwartet

Unisono dringen Vertreter von Republikanern und Demokraten darauf, dass Zuckerberg ihnen vor zwei Gremien des Kongresses Rede und Antwort steht. Nach anfänglichen Ausflüchten scheint Zuckerberg inzwischen bereit, persönlich zu erscheinen. Am nächsten Mittwoch wird er vor dem Handelsausschuss des Repräsentantenhauses erwartet. Auch der Senats-Justizausschuss strebt eine Anhörung noch in der kommenden Woche an.    Ein Auftritt des Facebook-Gründers im Washingtoner Kapitol dürfte einen beispiellosen Medienwirbel auslösen. Das einstige Vorzeigeunternehmen mit dem hochgestreckten Daumen steht nämlich aus vielerlei Gründen unter Druck. Dass ein Wissenschaftler Daten von 50 Millionen Menschen absaugen und an eine zwielichtige Firma weitergeben konnte, die damit Donald Trump im US-Wahlkampf unterstützte, ist nur der spektakulärste Fall. Obwohl Facebook seit 2015 von dem Datenleck wusste, wurde die Öffentlichkeit nicht informiert. Schon länger sorgen Hassreden, Mobbing und Terror-Propaganda auf der Plattform für öffentliche Kritik. Während des Präsidentschaftswahlkampfs 2016 wurde das Netzwerk von einer Welle an Falschmeldungen überschüttet, die sich meist gegen die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton richteten.

Das gesamte Geschäftsmodell steht womöglich auf der Kippe

Später kam heraus, dass russische Akteure ganz gezielt mit hohem finanziellen Aufwand eine Schmutzkampagne inszeniert hatten.   Facebook habe inzwischen mehr als 200 russische Konten gelöscht, die von der Troll-Fabrik in St. Petersburg bestückt wurden, verkündete Zuckerberg am Dienstag. In der vergangenen Woche hatte der Firmenchef schon angekündigt, dass die Nutzer künftig ihre Privatsphäre-Einstellung über eine zentrale Seite steuern und so Dritten den Zugriff auf persönlichen Daten versperren können. Doch die Anleger zeigen sich bislang wenig beeindruckt: Der Aktienkurs des Unternehmens ist in den vergangenen drei Wochen um rund 15 Prozent gefallen. Schon sieht das Wirtschaftsblatt „Economist“ das gesamte Geschäftsmodell, das aus der kostenlosen Datensammlung und ihrer profitträchtigen Auswertung und Weitergabe besteht, auf der Kippe.   Ob Zuckerberg das volle Ausmaß des Debakels inzwischen erfasst, ist nicht ganz klar. In einem Interview auf der Nachrichtenseite Vox schwärmt der Konzernchef minutenlang von der hehren „Mission“ seiner Plattform: „Wir verbinden Menschen, wir helfen Ihnen, Bande zu knüpfen und bringen Völker enger zusammen“. Das alles mache man kostenlos, damit sozial Schwache nicht ausgeschlossen seien. Leider habe man „anfangs nicht genug über die Schattenseiten nachgedacht“. Das hole man nun nach, verspricht er. Dass sich der Kongress von derlei Sprüchen beeindrucken lässt, ist unwahrscheinlich.