Produktion bei Daimler. Foto: dpa

Daimlers Geschäftszahlen werden durch den Diesel dominiert. Früher hatte die Autoindustrie einen zu großen Einfluss, heute hört kaum noch jemand auf sie. Auch das ist gefährlich, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart -

Immerhin – einen Großflughafen braucht Mercedes nicht, um die derzeit nicht verkäuflichen oder auslieferbaren Autos zu parken. Bei Volkswagen ist die Lage schon durch einen Blick auf den Berliner Pannenflughafen zu erfassen, wo Tausende Fahrzeuge auf ihre Auslieferung warten. Bei Mercedes muss man zur Spurensuche in die Geschäftszahlen blicken, wo man aber ebenfalls fündig wird. Viele Tausend neue Autos mit Stern im Wert von zwei Milliarden Euro stehen derzeit ungenutzt herum, weil sie entweder wegen der nachlassen Konjunktur nicht so schnell verkauft werden können wie sie vom Band laufen – oder wegen behördlich angeordneter Zulassungsstopps im Zusammenhang mit dem Dieselskandal. Das Industriegeschäft, das im vergangenen Jahr bis Ende September noch 5,8 Milliarden frisches Geld in die Kassen gespült hatte, verlief in diesem Jahr bisher defizitär. Daimler zeigt Wirkung.

Das Pendel schlägt wuchtvoll zurück

Natürlich haben sich die Autohersteller, allen voran VW, den Dieselskandal selbst zuzuschreiben. Niemand zwang die Firmen, ihre Motoren so auszulegen, dass sie im Labor sauber sind statt auf der Straße, obwohl es – wie man heute weiß – auch anders geht. Jahrelang ließ der Staat die Firmen gewähren. Dass hier die Zügel angezogen werden, ist eine zwingende Konsequenz.

In kaum einem anderen Land aber saust das Pendel nun derart wuchtvoll in die andere Richtung. Hatte früher die Autolobby einen ungesund starken Einfluss auf die Gesetzgebung, besteht nun die Gefahr, dass es erneut zu einer einseitig dominierten Politik kommt, bei der an die Stelle der Autolobby die Umweltverbände treten. Sie arbeiten hingebungsvoll an der schnellstmöglichen Abschaffung des Dieselmotors, obwohl dieser nun, wenn auch reichlich spät, drastisch verbessert wurde und sich in seiner Klimabilanz nicht hinter dem E-Auto verstecken muss. Darüber, wo all die Milliarden herkommen sollen, die für die Entwicklung neuer Verbrennungs- und Elektroantriebe und nicht zuletzt für die Beschäftigung Hunderttausender Menschen allein in der Region Stuttgart nötig sind, sprechen diese Verbände weniger laut.

Doch die Daimler-Zahlen zeigen, dass die Belastbarkeit der Wirtschaft Grenzen hat, zumal auch die wachsenden Handelsbarrieren eine exportorientierte Wirtschaft vor große Probleme stellen. Eine Politik, die ernsthaft versucht, unterschiedliche Interessen besser in Einklang zu bringen, wäre daher die richtige Konsequenz aus dem Dieselskandal. Doch bisher wagt kaum jemand, sich dem schwungvollen Pendel in den Weg zu stellen.