Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (rechts) und Justizminister Marco Buschmann stellten die neuen Pläne vor. Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Die Infektionszahlen steigen auf einen Rekord von mehr als 250 000 an einem Tag - und die Bundesregierung will die Corona-Auflagen locken. Die Warnungen vor den Folgen für die Gesundheit vieler Menschen mehren sich.

Die Bundesregierung gerät wegen ihrer Corona-Öffnungspläne immer mehr in die Kritik - auch in den Reihen der Ampelparteien. So warnten die Grünen vor Toten durch Realitätsverweigerung. Im Zentrum der Kritik steht der geplante bundesweite Basisschutz, bei dem unter anderem Maskenpflichten in vielen Bereichen entfallen sollen.

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Die SPD im Bundestag erwartet noch Änderungen an den Gesetzesplänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP). Das Robert Koch-Institut (RKI) stellte erstmals in der Corona-Pandemie binnen eines Tages mehr als 250 000 neue Corona-Infektionen fest.

Warnung von Lauterbach

Die wachsende Omikron-Welle wird nach Aussage von Lauterbach wahrscheinlich größtenteils durch die Variante BA.2 getrieben. Lauterbach warnte vor täglich 200 bis 300 Todesfällen über Wochen hinweg auch wegen immer noch niedriger Impfquoten.

Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen warnte vor Todesopfern durch ein unzureichendes Infektionsschutzgesetz. „Wir erleben eine Trendumkehr in der Pandemie“, schrieb er auf Twitter. Bisher sei die Aufhebung von Corona-Schutzmaßnahmen an die Fortsetzung einer positiven Entwicklung geknüpft gewesen. „Realitätsverweigerung gefährdet Menschenleben“, so Dahmen weiter. „Ein stärkerer Basisschutz ist nötig.“ So sollten etwa Masken in Innenräumen vorerst bleiben.

Gesetzentwurf sei Katastrophe

Die Linke-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler bezeichnete den Gesetzentwurf als „eine Katastrophe für alle, die sich selbst und ihre Lieben zu schützen versuchen“. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien (CDU), sprach sich im ZDF-„Morgenmagazin“ gegen einen raschen Wegfall der schützenden Maskenpflicht an Schulen aus.

Buschmann verteidigte die Pläne. Mit dem Kompromiss kämen Freiheit und Sicherheit in Einklang, so Buschmann auf Twitter. „Im Alltagsleben wird es so gut wie keine Einschränkungen mehr geben.“ Zugleich bekämen die Bundesländer einen Instrumentenkasten, um notfalls handlungsfähig zu sein.

20. März fallen viele Regeln

Bundesweit sollen dem Entwurf zufolge nach dem 20. März nur noch Maskenpflichten in Pflegeheimen, Kliniken und öffentlichem Nahverkehr möglich sein sowie Testpflichten in Pflegeheimen und Schulen. Bleiben soll außerdem die Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Wenn sich in einem Bezirk, einem Ort oder einer Region die Corona-Lage zuspitzt, sollen dort einige schärfere Auflagen verhängt werden können: Maskenpflichten, Abstandsgebote, Hygienekonzepte sowie Impf-, Genesenen- oder Testnachweise (3G/2G/2G plus) - aber nur, wenn sich vorher das jeweilige Landesparlament damit befasst hat. 

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„Es regiert das Prinzip Hoffnung“, sagte der Chef des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und der „Augsburger Allgemeinen“. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hatte von grober Fahrlässigkeit gesprochen. Sein niedersächsischer Kollege Stephan Weil (SPD) hatte gesagt: „Man wirft doch den Feuerlöscher nicht weg, wenn es noch brennt.“ Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hatte sich kritisch geäußert. Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bezeichnete die künftigen Regeln in der „Welt“ hingegen als derzeit verantwortbar. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) lobte den Entwurf in der Zeitung, forderte aber noch Änderungen in Details.

Keine großen Änderungen nötig

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sagte, nach den geplanten Anhörungen zum Entwurf im Bundestag werde es wahrscheinlich noch Präzisierungen geben. Große Änderungen würden wohl nicht nötig.

Beim Impfen geht es weiter nur langsam voran. Am Mittwoch wurden deutschlandweit rund 95 000 Impfdosen verabreicht.