Manuel Hagel, der Generalsekretär der Südwest-CDU, sucht nach einer rechtssicheren Lösung, um Kandidatenaufstellungen in Zeiten der Pandemie durchführen zu können. Foto: picture alliance/dpa/Sebastian Gollnow

Wie kann eine Wahl ordentlich durchgeführt werden in Zeiten einer Pandemie? Auf Bundesebene wird bereits an Lösungen gearbeitet – auch für die Aufstellung der Kandidaten.

Berlin - Corona bringt vieles durcheinander. Womöglich ja auch die Wahlen. Das deutsche Wahlrecht ist nämlich nicht pandemiefest. Das ist kein abstraktes Problem für juristische Oberseminare. In Baden-Württemberg stehen aktuell die Aufstellungen der Kandidaten für die Landtagswahlen im März 2021 an. Die CDU zum Beispiel hat gerade in 19 von 70 Wahlkreisen ihre Bewerber festgelegt. Das heißt, in den meisten Wahlkreisen stellt sich die Frage, wie in Zeiten, da Großveranstaltungen verboten sind, Versammlungen durchgeführt werden können.

Bis zum 14. Januar müssen die Kandidaten bestimmt sein

Das Problem ist heikel. Es ist in der Verfahrensordnung vorgeschrieben, dass noch am Tag der Veranstaltung jedes Mitglied für eine Kandidatur vorgeschlagen werden kann. Kandidaten müssen zudem befragt werden können. Das lässt derzeit eine Briefwahl nicht zu. Die Corona-Auflagen gelten mindestens noch bis zum 15. Juni. Danach ist Sommerpause. Die Kandidaten müssen bis spätestens 14. Januar feststehen. Einen Impfstoff gibt es bis dahin bestimmt noch nicht. Das Problem lässt sich also nicht durch Abwarten lösen.

Entsprechend nervös ist die Stimmung bei allen Parteien und möglichen Kandidaten, gerade wenn es sich um neue Bewerber handelt, die sich bekannt machen müssen. In dieser Situation hat der baden-württembergische CDU-Generalsekretär Manuel Hagel seiner Bundespartei einen Vorschlag zur Prüfung unterbreitet. Er könne sich vorstellen, „dass in den Wahlkreisen ein zentraler Ort für die Vorstellung der Kandidaten angemietet wird“, sagte Hagel unserer Zeitung. Deren Bewerbungsreden sollten dann per Livestream an mehreren anderen Standorten im Wahlkreis verfolgt werden können. Dort könnten dann auch über Bildschirm Befragungen der Kandidaten und schließlich auch die Wahlen durchgeführt werden, deren Ergebnisse dann an eine zentrale Zählkommission gemeldet werden müssten. So könnten Infektionsschutzregeln wie Mindestabstände eingehalten und die Teilnehmerzahl entzerrt werden.

„Im Falle einer Naturkatastrophe“

Der Zeitpunkt ist gut gewählt, denn auch auf Bundesebene steht das Thema an. Im Bundestag liegt ein Gesetz, dass sich mit dem Neuzuschnitt einiger weniger Wahlkreise für die Bundestagswahl beschäftigt. Das ist nicht aufregend und geschieht vor jeder Wahl, weil sich die Zahl der Wahlberechtigten verändert.

Das Bundesinnenministerium schlägt nun aber vor, im Zuge der Beratungen zwei Ergänzungen einzufügen. Die sind von großer Bedeutung. Zum einen wird vorgeschlagen, dass „im Falle einer Naturkatastrophe oder eines ähnlichen Ereignisses höherer Gewalt“ die Bundestagswahl „ausschließlich im Wege der Briefwahl“ durchgeführt werden kann und „nicht als Urnenwahl“ stattfindet.

Zudem soll es erlaubt werden, dass Parteien in solchen Fällen die Kandidatenaufstellungen „nicht in Versammlungen, sondern per Briefwahl“ vornehmen können. Kandidaten müssten sich „mindestens schriftlich, gegebenenfalls auf elektronischem Wege allen Stimmberechtigten vorstellen können“.

Die SPD tut sich mit den Vorschlägen schwer

In der Unionsfraktion könnte man sich wohl damit anfreunden. Fraktionsvize Thorsten Frei betont aber ausdrücklich, „dass dies nur eine Lösung für den absoluten Notfall“ darstelle könne. Die generelle Briefwahl sei „überhaupt nicht wünschenswert“. Frei legt auch großen Wert darauf, „dass nicht die Regierung, sondern nur das Parlament festlegen darf, wann ein solcher Notfall tatsächlich vorliegt“. Frei zeigte „große Sympathie“ dafür, neue Wege bei der Kandidatenaufstellung zu eröffnen. „Denn Großveranstaltungen bleiben, bis es einen Impfstoff gibt, schwierig.“

Die SPD tut sich mit den Reformen schwerer. Wahlen seien ein wichtiger demokratischer Akt, sagt die innenpolitische Sprecherin Ute Vogt. Man solle „alles tun, damit auch im Notfall die physische Stimmabgabe an der Urne zumindest möglich bleibt“, natürlich unter Einhaltung aller Abstandsregeln. Es gelte auch zu bedenken, „dass die Manipulationsmöglichkeiten bei einer Briefwahl wesentlich größer sind“. Statt einer Briefwahl bei den Kandidatenaufstellungen bringt die SPD kleinere Delegiertenschlüssel ins Gespräch, um Großveranstaltungen zu vermeiden.

Manuel Hagel, dem Generalsekretär der Südwest-CDU, ist vor allem eines wichtig: „Die gefundenen Lösungen müssen rechtssicher sein.“