Außenministerin Annalena Baerbock steht für einen strikteren Kurs gegenüber China. Foto: dpa/Britta Pedersen

Mit einiger Verspätung legt die Bundesregierung ihre China-Strategie vor. Sie legt fest, wie Deutschland künftig mit China umgehen will. Das betrifft besonders die Wirtschaft.

Sie kommt gerade aus der Kabinettssitzung, nur ein paar Minuten zu spät. Die Außenministerin sieht zufrieden aus, als sie ans Rednerpult tritt. Annalena Baerbock lächelt breit, dann fängt sie mit Zahlen an – und zwar mit großen. 800 Millionen: So viele Chinesen hätten in den letzten Jahren aus der Armut gefunden. Oder 87 Gigawatt: So viel Solarenergie könnten die Anlagen erzeugen, die China 2022 gebaut hat. Aber auch: 69 Kriegsschiffe – die größte Marine der Welt.

Es ist eine klare Rede, die Baerbock am Donnerstag im Mercator Institute für China Studies hält, einem Thinktank in Berlin. Die Außenministerin hatte aber auch lange Zeit, sie vorzubereiten. Baerbock spricht an diesem Tag über die China-Strategie, die das Kabinett zuvor beschlossen hat – mit mehreren Monaten Verspätung. Eigentlich hätte die Strategie im April fertig werden sollen.

Ein bisschen bescheidener

Wie schon bei der erst kürzlich beschlossenen Nationalen Sicherheitsstrategie arbeiteten auch hier alle Ministerien und das Kanzleramt mit. Die Vorstellung der China-Strategie fiel aber bescheidener aus. Kein Auftritt in der Bundespressekonferenz, nur die kleine Bühne in den Räumen des Thinktanks. Eine Rede, eine kurze Paneldiskussion und drei Fragen von der Presse, das war’s.

Inhaltlich findet sich in der Strategie vieles, was bekannt war – aber weniger scharf als erwartet. Im November war ein erster Entwurf davon geleakt worden. Im Vergleich dazu ist die endgültige Version milder geworden, was vor allem am Einfluss des Kanzleramts liegen dürfte. Dem waren einige Formulierungen zu hart. Die beschlossene Fassung ist ein Kompromiss – aber einer, dem anzumerken ist, dass das Auswärtige Amt hier federführend war. Denn Baerbocks Haus steht eigentlich für einen strikteren Kurs gegenüber mit China.

Eine Grundlage

Mit der China-Strategie definiert die Bundesregierung, wie sie mit China umgehen will. Ihr Ziel ist es zugleich, verschiedenen betroffenen Akteuren – Ländern, Hochschulen, Unternehmen und weiteren Einrichtungen – eine Grundlage zu geben, an der sie sich orientieren können.

Der inzwischen gut bekannte Dreiklang für diesen Umgang bleibt bestehen: Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale – so wird die Volksrepublik eingeordnet. „Aber der Aspekt des systemischen Rivalen ist in den letzten Jahren immer mehr in den Vordergrund getreten“, betonte Baerbock in ihrer Rede.

Erwartungen an die Wirtschaft

Die deutsche Wirtschaft schaut genau auf das, was die Bundesregierung nun beschlossen hat. China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner. Die Strategie warnt nun deutlich vor Abhängigkeiten. Sie formuliert auch, was die Regierung von Unternehmen erwartet, nämlich dass sie sich „konkret mit relevanten chinabezogenen Entwicklungen, Zahlen und Risiken auseinandersetzen.“ Dazu wolle man sich mit besonders exponierten Unternehmen auch austauschen. Außerdem weist die Bundesregierung auf den Deckungsplafond für Investitionsgarantien von drei Milliarden pro Unternehmen hin.

Es geht allerdings nicht nur darum, wo die Zusammenarbeit mit China eingeschränkt werden kann. Die Strategie nennt auch Bereiche, in denen Deutschland gern enger kooperieren würde – Klimaschutz zum Beispiel. Einerseits stößt China fast ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen aus. Andererseits gibt es kein Land, in dem die grünen Energien so schnell wachsen.

Eigenes Kapitel zu Menschenrechten

Zu Menschenrechten enthält die Strategie ein eigenes Kapitel. Die Bundesregierung hat sich zwar dagegen entschieden, die Formulierung „massive Menschenrechtsverletzungen“ zu verwenden, die im alten Entwurf zu finden war. Trotzdem ist festgehalten, dass „die universellen Menschenrechte nicht relativierbar sind“.

Amnesty International mahnte an, dass die Strategie in Bezug auf Menschenrechte nicht konkret genug sei. Dirk Pleiter, China-Experte bei Amnesty International, sagte dieser Zeitung: „Die Bundesregierung muss nun insbesondere im Bereich der Menschenrechte rasch konkrete Handlungsmaßnahmen definieren und umsetzen.“ Pleiter lobte, dass die Bundesregierung auf Instrumente wie das Lieferkettengesetz setzen wolle. In Bezug auf die Frage, wie man bei den Vereinten Nationen mit China umgehen wolle, sei das Papier aber zu vage.