Wulf Wager fürchtet um den Umzug. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Es wird nicht nur gefeiert im Festzelt, es wird auch Politik gemacht. Die Schausteller und Wirte saßen beieinander, ein Thema erregte besonders die Gemüter.

Es hat sich getarnt als harmloses Frühstück. In die Almhütte Royal hatte der Schaustellerverband Südwest geladen, zum Beisammensein, bevor der Rummel losgeht. Der Wasenhocker war auch schon zum 36. Male dabei, von Anfang an. So zur Sache ging es noch nie. Es wurde Klartext geredet. Der Umzug steht auf der Kippe. Letztes Jahr hatte der Volksfestverein als Organisator ein Minus von 25 000 Euro zu beklagen. „Das können wir uns kein zweites Mal leisten“, sagte Wulf Wager vom Volksfestverein. Und appellierte an die anwesenden Stadträte. „Ohne Förderung durch die Stadt wird es keinen Volksfestumzug mehr geben.“ 60 000 Euro hat der Verein beantragt, in den Haushaltsberatungen wird der Gemeinderat entscheiden müssen, ob er diese Summe bewilligt.

Die Polizei schaut genau hin

Überhaupt sei es erstaunlich, welche Hindernisse man mitunter aus dem Weg räumen müsse. 100 000 Menschen schauen Sonntagmorgens an der Strecke zu, 400 000 im Fernsehen, 300 Ehrenamtliche organisieren, 4000 Teilnehmer marschieren mit. Ein Aushängeschild für die Stadt sei der Umzug, will Wager damit sagen. Und dann kontrolliere die Polizei Kutschfahrzeuge so streng, dass sie, obwohl frisch vom TÜV abgenommen, eine ellenlange Mängelliste bekommen, mit der Auflage, diese umgehend abzuarbeiten. „Die waren drei Stunden unterwegs nach Cannstatt“, sagt Wager, „aber die kommen nicht mehr zu uns.“

Was passiert mit der Mehrwertsteuer?

Welchen Stellenwert hat dieses Volksfest? Die Frage stand über allem. Während in Bayern seit Franz-Josef Strauß die Kunst der Festzelt-Rede jeder Politiker, der was hermachen und gewählt werden will, beherrschen muss, ist man hierzulande nicht so krawallig. Erik Schweickert, Landtagsabgeordneter der FDP, kam bei seinem Grußwort auch eher auf Samtpfoten daher, er begrüßte die Kollegen von CDU, SPD und seiner eigenen Partei. Und vergaß nicht zu erwähnen, wer aus dem Landtag fehlte. Kein Zufall, denkt er, schließlich seien die Grünen die einzige Partei, die den Mehrwertsteuersatz für die Gastronomie von 7 Prozent auf 19 erhöhen wollen. Er appellierte an Ministerpräsident Winfried Kretschmann sich zu positionieren, „vor der Entscheidung, nicht hinterher.“ Immerhin, ein Attäckle.

Dankbar für die Steuern

Fürs Versöhnliche war der katholische Schaustellerpfarrer Torsten Heinrich da. Mit einem besonderen Dankgebet, das er zeitgemäß vom Handy ablas. „Ich bin dankbar für die Steuern, die ich zahle, weil das bedeutet, das ich Arbeit habe. Ich bin dankbar, dafür, dass meine Hose kneift, das bedeutet, dass ich genug zu essen habe. Ich bin dankbar für die Frau, die hinter mir falsch singt, das bedeutet, dass ich gut höre.“ Und er sei dankbar für sein Schädelbrummen, „das bedeutet, dass ich gestern Abend auf dem Volksfest gut gefeiert habe.“ In diesem Sinne sind wir dankbar für die Erfindung von Aspirin.