An der Solitudestraße in Ludwigsburg steht ein CBD-Automat. Der Kasten war einige Wochen verschwunden, die Polizei hatte ihn beschlagnahmt. Foto: Simon Granville

Im Dezember durchsuchte die Polizei Wohn- und Geschäftsräume zweier Männer, die Cannabis-Produkte aus Automaten in der Region vertreiben. Die Apparate wurden beschlagnahmt. Nun stehen sie wieder, obwohl noch ermittelt wird. Wie kann das sein?

Mitte Dezember beschlagnahmte die Polizei vier Automaten mit Cannabis-Produkten – in Ludwigsburg, Stuttgart, Weinstadt (Rems-Murr-Kreis)  und Neckarsulm (Kreis Heilbronn)  –, die an Straßen aufgestellt waren. Der gewerbliche Vertrieb von Nutzhanf sei auch nach aktueller Rechtslage strafbar, „wenn ein Missbrauch zu Rauschzwecken nicht ausgeschlossen werden kann“, begründete die Polizei die Aktion.

Fast gleichzeitig standen Beamte bei den beiden Männern – einer davon aus dem Kreis Ludwigsburg – auf der Matte, die die schwarz-grünen Kästen aufgestellt hatten. Beide wollen anonym bleiben. Erschrocken sei er gewesen, als das passierte, sagt einer der beiden Automatenbesitzer. Aus den Maschinen konnten Kunden verschiedene Produkte – auch Blüten – mit dem Inhaltsstoff Cannabidiol (CBD) ziehen.

Eine winzige Menge THC darf enthalten sein

Der Wirkstoff, der zu den Cannabinoiden zählt, soll entspannend wirken, nicht aber psychoaktiv oder berauschend. In Deutschland sind Verkauf und Konsum erlaubt. Dementsprechend wähnte sich der Aufsteller im Recht. Zumal er von verschiedenen Gemeinden Nachweise besitze, die ihm bescheinigten, dass seine Ware unbedenklich sei. Dementsprechend habe er der Polizei Zutritt zu seinem Lager und seiner Wohnung gewährt und kooperiert, „ich habe ja nichts zu verbergen“, sagt er. Die Regularien habe er eingehalten.

Der Gehalt des berauschenden Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC), der in den Produkten auch noch vorhanden sein kann, muss unter dem gesetzlichen Grenzwert von 0,2 Prozent liegen.

Erstmals aufgetaucht war der CBD-Automat in Ludwigsburg im vergangenen Frühling an der Bärenwiese. Der Imbiss an der B 27, an dem er platziert war, gehört dem Land. Die hat ihn vermietet, betrieben wird er von einem weiteren Untermieter. Für den Automat jedenfalls gab es keine Genehmigung, weshalb er relativ schnell wieder weg war. Kurze Zeit später tauchte er in der Solitudestraße an der Kneipe Kanone auf. „Das ist abgesprochen“, hatte der Wirt bestätigt, bevor der Automat abermals verschwand. Dass der Standort unweit einer Schule nicht optimal sei, gesteht auch der Automatenbesitzer ein. „Andererseits hängen da auch Zigarettenautomaten, eine Shishabar gibt’s da auch. Das ist also Ansichtssache.“

Automaten werden regelmäßig beschlagnahmt

Die beiden Männer haben ihre Apparate inzwischen von der Polizei zurückbekommen – und in Ludwigsburg und Neckarsulm direkt wieder in Betrieb genommen, obwohl die Ermittlungen noch laufen. „Es müssen noch Beweismittel ausgewertet werden“, sagt Polizeisprecher André Kielneker. Anschließend übernimmt die Staatsanwaltschaft. Dass die die Sache nicht weiterverfolgen wird, darauf hoffen die Betreiber. Anwältin Julia Seestädt, die einen der beiden vertritt, ist zuversichtlich, dass das Verfahren eingestellt wird. Ihre „Cannabis-Kanzlei“ in Hamburg ist spezialisiert auf die Branche. Das Vorgehen der Polizei und die Beschlagnahmung der Automaten sei nichts Ungewöhnliches. Die Betreiber könnten sich dagegen kaum wehren. „Sie sehen den Blüten nicht an, wie viel THC-Gehalt sie haben“, sagt Seestädt. Der Bundesgerichtshof hat erst in dieser Woche bestätigt, dass Blüten der Cannabispflanze generell unter das Betäubungsmittelgesetz fallen.

Das Geschäft mit dem CBD brummt

Auf der anderen Seite sei damit ein riesiger Aufwand für die Polizei verbunden, sagt Seestädt. Zumal man enorme Mengen der CBD-Blüten konsumieren müsse, um „high“ zu werden. Durch Rauchen sei das eigentlich ausgeschlossen, wenn dann müsse man sie verbacken. Dass die Verkäufer von CBD-Produkten so verfolgt würden, sei besonders in Anbetracht der Bemühungen der Bundesregierung, die „große Schwester Marihuana“ zu legalisieren, „widersinnig“, sagt Seestädt. Das Geschäft mit dem CBD läuft im übrigen gut, sagt der Mann aus dem Kreis Ludwigsburg. „Die Nachfrage ist da. Wäre das nicht der Fall, würde ich es nicht weiter machen.“ Julia Seestädt kann das nur bestätigen.

Die CBD-Automatenbesitzer wollen künftig nur Produkte anbieten, die gar kein THC enthalten. Das könnte die Polizei erneut auf den Plan rufen. Sie geht davon aus, dass die Automaten mit E-Zigaretten und ähnlichem bestückt werden und unbegrenzt Nachschub bieten. „Das Problem sind nicht die Waren selbst, sondern die unkontrollierte Abgabe“, sagt André Kielneker.

Was ist CBD?

Wirkstoff
 CBD steht für Cannabidiol und gehört zu den mehr als 110 bekannten Cannabinoiden, die in der weiblichen Nutzhanfpflanze (Cannabis) in unterschiedlichen Konzentrationen vorkommen. Erstmals gewonnen wurde es 1940 vom Chemiker Roger Adams. Dem Stoff werden beispielsweise schmerzlindernde und schlaffördernde Eigenschaften zugeschrieben. Häufig fehlen allerdings mit Placebo kontrollierte Langzeitstudien.

Legalisierung
 Im Oktober hat die Bundesregierung ein Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung auf den Weg gebracht. Der Erwerb und Besitz von maximal 20 bis 30 Gramm „Genusscannabis“ zum Eigenkonsum sollen straffrei sein unabhängig vom konkreten THC-Gehalt. Aufklärung, Prävention und Beratung sollen ausgebaut werden. Die FDP hat zuletzt ein höheres Tempo angemahnt. Man könne nicht warten, bis Signale von der Europäischen Union kommen.