Innenministerin Faeser will mit der Maßnahme vor allem gegen Schleuserkriminalität vorgehen. Foto: dpa/Boris Roessler

Eigentlich hatte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser gegen weitere stationäre Grenzkontrollen ausgesprochen, jetzt lässt sie die Maßnahme doch prüfen. Worum geht es? Was spricht dafür? Und was dagegen? Ein Überblick.

Nachdem Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sich zunächst gegen stationäre Kontrollen an den Grenzen zu Polen und Tschechien ausgesprochen hatte, will sie die Maßnahme nun doch umsetzen. Was die Kontrollen bringen könnten und was nicht: der Überblick.

Worum geht es?

Das Bundesinnenministerium lässt derzeit prüfen, ob es stationäre Grenzkontrollen an den Grenzen zu Tschechien und Polen geben kann. Das würde bedeuten, dass an Grenzübergängen feste Kontrollposten eingerichtet werden – zumindest vorübergehend. Nancy Faeser hatte solche Grenzkontrollen zunächst abgelehnt. In der vergangenen Woche zeigte sie sich dann doch offen für die Maßnahme.

Weil das Schengen-Abkommen der EU vorsieht, dass Binnengrenzen frei passiert werden können, muss sich das Innenministerium an Vorgaben aus Brüssel halten, wenn es die Kontrollen einführen will. Laut dieser Vorgaben können Staaten in Ausnahmesituationen vorübergehend stationäre Grenzkontrollen einführen – für bis zu 30 Tage, eventuell auch mit Verlängerung. Wichtig ist, dass andere Mitgliedstaaten und die EU-Kommission vier Wochen zuvor informiert werden.

Wie ein Sprecher des Innenministeriums in Berlin sagte, gab es am vergangenen Wochenende Gespräche dazu mit dem tschechischen Innenminister. Am Mittwoch wird Faeser voraussichtlich auch mit ihrem polnischen Amtskollegen darüber sprechen. Dann findet das Treffen der EU-Innenminister in Brüssel statt.

Unklar ist, wie genau die stationären Grenzkontrollen aussehen sollen. Faeser betonte im Deutschlandfunk, es sei wichtig, dass „in der Fläche“ kontrolliert werde. Das klingt nicht, als seien Schlagbäume an den Grenzen geplant. Details sind aber noch nicht bekannt – und stehen wohl auch nicht fest, solange die Prüfungen laufen.

Welche Grenzkontrollen gibt es bereits?

Stationäre Grenzkontrollen in Deutschland gibt es aktuell nur in Bayern an der Grenze zu Österreich. Dort wurden sie im Herbst 2015 eingeführt. Es handelt sich dabei um eine vorübergehende Maßnahme, die aber immer wieder verlängert wurde.

An anderen Grenzen – unter anderem an denen zu Polen und Tschechien – finden bereits jetzt sogenannte Schleierfahndungen statt. Dabei kontrolliert die Bundespolizei Personen, die die deutsche Grenze überquert haben. Diese Maßnahme hält Faeser grundsätzlich für effektiver als die stationären Grenzkontrollen, die sie nur zusätzlich einführen will.

Was spricht für Grenzkontrollen?

Die Bundesinnenministerin will die stationären Grenzkontrollen in erster Linie einführen, um gegen Schleuserkriminalität vorzugehen. Für die Polizei ist es oft schwer, Schleuser festzunehmen. Bei den Schleierfahndungen kontrolliert die Polizei in der Regel Personengruppen, die die Grenze bereits passiert haben. Die Schleuser sind dann meist schon verschwunden. Dagegen könnten die stationären Grenzkontrollen helfen, so die Hoffnung im Bundesinnenministerium. Auch die Union hatte in der vergangenen Woche gefordert, solche Kontrollen einzuführen.

Was spricht dagegen?

Skeptisch gegenüber Faesers Vorhaben zeigte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Vizevorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Erika Krause-Schöne, wies in der „Rheinischen Post“ darauf hin, dass stationäre Grenzkontrollen viel Personal binden würden. Schleuser könnten feste Kontrollpunkte umgehen. „Wir können dadurch nicht die Zahlen der Migration begrenzen“, sagt Krause-Schöne.

Warum wird jetzt über die Maßnahme diskutiert?

Seit dem vergangenem Jahr kommen wieder mehr Menschen nach Deutschland, um Asyl zu beantragen. Besonders in diesem Jahr nahmen die Zahlen deutlich zu. Im August 2023 waren es gut 72 Prozent mehr Asylerstanträge als im selben Monat ein Jahr zuvor. Hinzu kommen die Menschen, die vor dem Krieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen sind.

Seit einiger Zeit klagen deshalb immer mehr Kommunen darüber, dass sie Schwierigkeiten haben, die Geflüchteten zu versorgen. Über die Frage, wie sehr der Bund sich an den Kosten dafür beteiligen sollte, wird seit Langem gestritten.

Auch auf EU-Ebene ist die Asyldebatte derzeit ein großes Thema. Im Juni hatten sich die EU-Innenminister auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt. Damit die vor der kommenden Europawahl beschlossen werden kann, muss das Europaparlament zustimmen. Aktuell jedoch stocken die Verhandlungen. Das liegt an der Krisenverordnung, die Teil der geplanten Asylreform ist. Diese sieht unter anderem vor, dass die Standards bei Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in Ausnahmefällen blockiert werden können. Insbesondere Deutschland hat Vorbehalte angemeldet. Ob man sich in der EU rechtzeitig einigen wird, ist noch offen.