Hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen geheimen Plan in seinem Aktenkoffer? Foto: dpa

Die schwarz-rote Koalition will den Solidaritätszuschlag zum Dreh- und Angelpunkt bei der milliardenschweren Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen machen.

Berlin - Die Debatte um den Solidaritätszuschlag nimmt mächtig Fahrt auf. Am Dienstag war bekannt geworden, das Bundesfinanzministerium sei offen für eine Abschaffung des Soli, wenn im Gegenzug die Steuern auf Einkommen bei Körperschaften und Kapitalerträgen entsprechend erhöht werden. Nun heißt es, bei dieser Operation könne auch noch gleich die kalte Progression abgebaut werden.

Angeblich sehe ein Strategiepapier, das in Medienberichten Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) zugeschrieben wird, dies vor.

Vorsicht! Die Steuerzahler sollten sich nicht zu früh freuen. Der Reihe nach: Tatsache ist, dass derzeit in Berlin und anderswo permanent Gespräche über eine Reform der Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern und den Ländern untereinander laufen. Bis Ende des Jahres soll es erste Vorschläge für Reformen geben. Dabei geht es um die Zukunft des Soli nach 2019, wenn der Solidarpakt II ausläuft und der Bund seine Zahlungen an die ostdeutschen Länder einstellt. Und es geht um die Zukunft des Finanzausgleichs zwischen den 16 Bundesländern.

Die Gespräche zwischen dem Bund und den Ländern stehen am Anfang. Letzte Woche war die erste Runde, jetzt geht es auf unterschiedlichen Ebenen weiter. Es ist noch zu früh, bereits das Ergebnis der Verhandlungen vorwegzunehmen. Offiziell hält sich das Bundesfinanzministerium angesichts der jüngsten Gerüchte denn auch sehr zurück. „Die Gespräche laufen, wir kommentieren keine Zwischenstände.“ Alles andere wäre auch überraschend: Auf Berliner Parkett gibt es wohl keinen Politiker, der so erfahren ist bei Verhandlungen wie Schäuble. Schäuble war es, der nach dem Mauerfall den Einigungsvertrag zwischen der DDR und der BRD ausgehandelt hat. Es passte nicht zu ihm, wenn er bereits am Beginn der Gespräche mit den Ländern seine Verhandlungslinie offenlegte.

Gewisse Positionen des Bundes zeichnen sich aber bereits ab: So ist klar, dass Schäuble den Soli für ein Auslaufmodell hält. Die Bundesregierung will aber auf die Einnahmen in Höhe von derzeit knapp 15 Milliarden Euro, die dem Bund zustehen, nicht verzichten. Daher könnten entsprechend die Einkommensteuer und die mit ihr verwandten Körperschaft- und Abgeltungsteuer angehoben werden. Diese Steuerarten sind aber sogenannte Gemeinschaftssteuern. Das heißt: Die Länder (und Kommunen) bekommen ihren Teil von diesen Steuern ab. Schäuble will aber den Ländern – zumindest noch nicht – Geld aus dem Soli-Aufkommen zugestehen. Deswegen fordert er, dass die Länder dem Bund bei einer anderen Gemeinschaftssteuer, nämlich der Mehrwertsteuer, entgegenkommen und Anteile an den Bund zurückgeben.

Und dann wären da noch die sogenannten heimlichen Steuererhöhungen. Darunter ist zu verstehen, dass bei dem progressiven Steuertarif die Steuerbelastung auch dann steigt, wenn der Arbeitnehmer nur zum Inflationsausgleich mehr Lohn bekommt. Bereits in der vergangenen Wahlperiode hatte das Bundesfinanzministerium einen Vorstoß unternommen, diese heimlichen Steuererhöhungen den Bürgern wenigstens zum Teil zurückzugeben. Doch der Versuch scheiterte am Widerstand der SPD-geführten Länder im Bundesrat. Bei diesem Thema zeigen Gesprächspartner aus der Union daher auf Sigmar Gabriel. Der SPD-Chef müsse Vorarbeit leisten, heißt es. Er müsse dafür sorgen, dass die SPD-regierten Länder einen neuen Vorstoß zum Abbau der kalten Progression nicht wieder ausbremsen. Nicht ausgeschlossen ist, dass die heimlichen Steuererhöhungen erst kurz vor der Bundestagswahl korrigiert werden – als vorgezogenes Wahlgeschenk, wenn man so will.