Protest gegen den Pharmakonzern Purdue, der mit dem Schmerzmittel Oxycontin in den USA die Opioidkrise ausgelöst hat Foto: imago/NurPhoto

Wie schafft man es, auf die Abgehängten und Verlierer aufmerksam zu machen? Man macht sie zu Helden eines Romans, der niemanden kalt lässt. Auf den Spuren von Charles Dickens ist Barbara Kingsolver mit „Demon Copperhead“ dieses Kunststück geglückt.

Es gibt einige Romane, die man mit sich durchs Leben trägt, wenn man das Glück hatte, ihnen im richtigen Moment zu begegnen. Charles Dickens’ „David Copperfield“ gehört dazu. Er erzählt von der schwierigen Kindheit eines Jungen, der vom Halb- zum Vollwaisen wird und sich unter den prekären Bedingungen im England des frühen 19. Jahrhunderts durchschlagen muss: Armut, Kinderarbeit, soziale Missstände, die ganze Palette. Doch so prägend wie die Erfahrung des Elends und der Not ist das mit dem Unglück des Protagonisten verschränkte Glück des Lesens: das Überwältigt-Werden von der intensiven Teilhabe an einer erzählten Welt und die unmittelbare Bereitschaft, die eigene geborgene Lage hinter einem Buch wenigstens auf dem Weg gebannten Mitempfindens gegen die Nöte der Handelnden einzutauschen. Lesen macht empathisch.