Der Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann spricht am Samstag während einer Landesdelegiertenkonferenz in Bruchsal. Foto: dpa

Mit scharfen Angriffen auf die CDU haben die Grünen im Land den Wahlkampf eröffnet.

Bruchsal - Mit scharfen Angriffen auf die CDU haben die Grünen in Baden-Württemberg den Landtagswahlkampf eröffnet und das Ziel der Regierungsübernahme ausgerufen. „Dieses Land braucht den Wechsel, es braucht eine neue Regierung“, sagte Landeschefin Silke Krebs am Samstag beim Landesparteitag in Bruchsal. Die Grünen seien dafür die richtige Partei, denn die CDU verweigere sich sämtlichen Erneuerungen. In der Wirtschafts-, Energie- und Bildungspolitik warf Krebs der Partei von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) eine „verbohrte Verweigerungshaltung“ vor.

Einstimmig beschlossen die knapp 200 Delegierten die Präambel zum Landtagswahlprogramm. Darin wird die Koalitionsfrage offengehalten und das Zusammengehen mit einem Bündnispartner vom Atomausstieg, mehr Beteiligung der Bürger an politischen Fragen und von einer Volksabstimmung über das Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 abhängig gemacht. Außerdem stimmten die Delegierten der Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre zu und sprachen sich für das Recht auf einen Betreuungsplatz für Kinder ab einem Jahr aus. Eine allgemeine Pkw- Maut lehnten die Delegierten ab, plädierten aber für die Möglichkeit einer Maut in Ballungsräumen.

Interne Differenzen bei Stuttgart 21

Beim Thema Stuttgart 21 traten interne Differenzen zwischen Landes- und Bundesebene zutage. Der Bundesvorsitzende Cem Özdemir bekam Contra, als er sich kompromissbereit zeigte. Er sagte, die Grünen akzeptierten den Schlichterspruch von Heiner Geißler, und würden „alles dafür tun, damit das, was im Kleingedruckten steht, 1:1 realisiert wird“. Den von Geißler geforderten Stresstest der Leistungsfähigkeit des geplanten Tiefbahnhofs werde die Partei genau beobachten. „Ohne diese Auflagen wird es von uns kein Ja zu diesem Projekt geben.“

Der Landtagsabgeordnete Werner Wölfle, der als Chef der Stuttgarter Gemeinderatsfraktion an der Schlichtung teilgenommen hatte, sagte hingegen: „Wir sind nicht dazu da, den Schlichterspruch zu realisieren.“ Er fügte hinzu: „Wir werden nicht dafür kämpfen, dass das umgesetzt wird, nicht 1:1 und nicht 2:1.“

Resolution gegen Stuttgart 21

Der Parteitag beschloss anschließend ohne Gegenstimme eine Resolution gegen Stuttgart 21 und für das Alternativkonzept eines modernisierten Kopfbahnhofs (K 21). Darin heißt es: „Stuttgart 21 ist Murks und alles andere als ein Zukunftsprojekt.“ Die Kosten für die von Geißler verlangten Nachbesserungen würden mindestens eine halbe Milliarde Euro betragen.

Özdemir ließ anschließend einen Sprecher erklären, dass er selbstverständlich für eine Volksabstimmung über Stuttgart 21 sei.

Kretschmann geht hart mit CDU ins Gericht

Landtagsspitzenkandidat Winfried Kretschmann ging hart mit der Politik der seit 57 Jahren im Südwesten regierenden CDU ins Gericht: „Entweder sie bekämpfen die großen Modernisierungstrends oder sie werden dazu getrieben.“ Als Beispiele nannte der Chef der Grünen- Landtagsfraktion die Themen Integration, Gleichstellung von Frauen und Männern oder die Ganztagsschulen. „Wenn sie was machen, ist es immer zehn Jahre zu spät.“ In der Wirtschaftspolitik kündigte Kretschmann einen Kurswechsel an, sollten die Grünen nach der Wahl am 27. März 2011 an die Regierung kommen: „Wir werden Baden-Württemberg zu einem grünem Industriestandort machen.“

Krebs kritisierte, auch in der Energiepolitik habe sich die CDU längst abhängen lassen. So bremse etwa die Laufzeitverlängerung für alte Kernreaktoren wie Neckarwestheim I die Entwicklung erneuerbarer Energieformen aus: „Was bitte, soll daran noch innovativ sein?“

Gönner: Kernenergie als Brückentechnologie gebraucht

Ein Sprecher von Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) entgegnete, dass bei dem derzeitigen Anteil der erneuerbaren Energien von etwa 15 Prozent an der Stromerzeugung die Kernenergie weiterhin als Brückentechnologie gebraucht werde.

CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk warf den Grünen vor, sich zunehmend von der Realität zu entfernen. Mit ihrer Politik werde sich Baden-Württemberg weg von einem erfolgreichen Wirtschaftsstandort und hin zu einem rückwärtsgewandten Land der Ideologen entwickeln.

Derzeit liegen die Grünen im Land in Umfragen bei 28 Prozent. Da die SPD zuletzt bei 18 Prozent notiert wurde, ist Rot-Grün derzeit etwas stärker als Schwarz-Gelb. Die jüngste Umfrage ergab für die CDU 39 und für die FDP 5 Prozent.