Zehn Jahre lang sollen Thüringer Brennpunktschulen mit 460 Millionen Euro gefördert werden. Verbände und der Bildungsminister halten das Startchancen-Programm für richtig, wünschen sich aber eine Ausweitung.
Rund 100 Thüringer Schulen sollen rund 46 Millionen Euro jährlich aus dem Startchancen-Programm erhalten. Das gab Bildungsminister Helmut Holter (Linke) am Dienstag in Erfurt bekannt. Davon kommen 23 Millionen Euro vom Bund, der gleiche Anteil wird vom Land und den Kommunen aufgebracht. Die Mittel sollen zehn Jahre lang fließen. Von dem Startchancen-Programm sollen Schulen mit einem hohen Anteil sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher oder mit einem hohen Anteil von Schülern mit Migrationshintergrund profitieren. Bundesweit gibt es in den nächsten zehn Jahren rund 20 Milliarden Euro.
„Es ist eine Investition in die Zukunft, eine Investition in die Köpfe“, sagte Holter. Zugleich betonte er, dass dies aus seiner Sicht nur ein Einstieg sein könne. „Wir müssen dieses Programm auch erweitern.“ Dies werde auch eine Diskussion sein, die mit dem Bund geführt werden müsse.
Armut, Migration und Förderbedarf sind die Kriterien
Holter erläuterte, wie die rund 100 Thüringer Schulen ausgewählt wurden – dafür sei ein Ranking erstellt worden. „Armutsquote, Migrationsquote und Förderbedarf sind die entscheidenden Kriterien“, sagte Holter. Man könne aber nicht eine regionale Verteilung als Kriterium anlegen. Als soziale Brennpunkte fielen einem zuerst Stadtteile in Erfurt, Jena oder Weimar ein, so Holter. „Wir haben aber auch Schulen, die aus kleineren Orten kommen und aus ländlichen Regionen.“
Die Thüringer Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte mittelfristig eine Ausweitung des Startchancen-Programms auf alle Schulen in Thüringen. Das Programm sei „ein erster Baustein und Voraussetzung für mehr Bildungs- und damit Chancengerechtigkeit“, teilte die GEW mit. Es sei überfällig. Mit den ersten rund 100 Thüringer Schulen müsse getestet werden, ob die Kriterien des Programms funktionieren. „Aus Sicht der GEW Thüringen ist das notwendige mittelfristige Ziel, einen flächendeckenden (also alle Schulen betreffenden) Unterstützungsindex zu implementieren“, so die Gewerkschaft.
Für Schüler, die Hilfe „besonders nötig hätten“
Der Thüringer Lehrerverband (tlv) begrüßte das Programm. Es wende sich erstmals speziell denjenigen Schülerinnen und Schülern zu, die Hilfe besonders nötig hätten. „Damit wird es zu mehr Bildungsgerechtigkeit beitragen“, sagte tlv-Vorsitzender Tim Reukauf. Er hoffe, dass die Teilnahme am Programm für die Schulen keinen aufwendigen bürokratischen Prozess voraussetze.
„Wenn die KMK davon spricht, dass 40 Prozent des Budgets für eine bessere und damit lernförderliche Infrastruktur und Ausstattung der Startchancen-Schulen eingesetzt werden sollen, muss klar sein: Es geht hier nicht darum, endlich die Toiletten zu erneuern oder die maroden Treppengeländer auszutauschen, sondern das Geld ist für innovative Lernkonzepte gedacht“, so Reukauf. Als Beispiele nannte er die Einrichtung kleinerer Räume oder Ruhezonen, moderne Lernmöbel oder die Ausstattung der Schule mit speziellen Lernmitteln.